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34/2015 Nachlassordnung ist Detektivarbeit

Von adminZoZuBo ‒ 21. August 2015

Nachlassordnung ist Detektivarbeit

Am 29. August findet im Ortsmuseum Zollikon anlässlich des 50. Todesjahres des Malers Fritz Boscovits die Buchvernissage zur neu herausgegebenen Werkmonografie «Fritz Boscovits (1871-1965) – Ölgemälde» statt. Der Kunstband umfasst 80 chronologisch geordnete Abbildungen von Ölgemälden des Schweizer Künstlers, ist zweisprachig in Deutsch und Englisch abgefasst und wurde von Thomas Kain und Regula Schmid, der Urenkelin von Fritz Boscovits, herausgegeben.

Mit Regula Schmid sprach Fiona Trachsel

Wie sind Sie auf die Idee gekommen, ein Buch mit Abbildungen von Ölgemälden Ihres Urgrossvaters herauszugeben?

Als mein Urgrossvater und meine Urgrossmutter beide vor 50 Jahren starben, räumten meine Grosseltern ihr Haus «Im Felsengrund», wo sich heute das Ortsmuseum befindet. Mein Urgrossvater hatte in diesem Haus zugleich sein Atelier und so wurde die Räumung dementsprechend umfangreich. Viele der Gegenstände, beispielsweise ein Brotmesser oder gar eine Weinkaraffe meines Ururgrossvaters, also des Vaters von Fritz Boscovits, wurden in den Haushalt meiner Grosseltern integriert. Die Bilder meines Urgrossvaters wurden innerhalb der Familie verteilt und Schachteln und Koffer voll Material landeten auf dem Dachstock. Ich trug schon seit langer Zeit die Idee mit mir herum, damit etwas zu machen, diese Geschichte wiederzubeleben.

Wie war es, bei diesen Schachteln die Deckel zu heben und die Koffer zu öffnen?

Einerseits war es faszinierend, ich mag alte Sachen sehr, aber andererseits war es auf den ersten Blick auch ernüchternd: Es gab zahlreiche Fotos, auf denen Angaben fehlten, Briefe in der alten deutschen Handschrift, die ich nun dafür entziffern lernte (lacht), und undatierte Zeitungsartikel – einfach sehr vieles, bei dem sich mir der Gesamtzusammenhang zu diesem Zeitpunkt noch nicht erschloss.

Wie lange haben Sie an diesem Buch gearbeitet?

Ziemlich genau ein Jahr. Ich habe mir dieses Buch letztes Jahr als Projekt vorgenommen und habe – ich arbeite als Englischlehrerin an der Kantonsschule Hottingen – ein Semester Urlaub genommen. In diesen Monaten habe ich intensiv daran gearbeitet: gelesen, im Internet recherchiert, mich eingearbeitet, mir alles angesehen und geordnet. So entstanden Verknüpfungen. Irgendwann habe ich angefangen, Personen auf den nicht angeschriebenen Fotos zu erkennen, Zeitungsausschnitte einzelnen Ausstellungen zuordnen zu können, realisiert, wie die Zusammenhänge sind. Es war eine eigentliche Detektivarbeit.

Hatten Sie Hilfe dabei?

Die Ordnung des Nachlasses habe ich alleine gemacht. Manchmal haben mir die Erinnerungen, die meine Mutter noch hat, geholfen. Jeder Hinweis von den verschiedenen Archiven und Ämtern, die ich anschrieb, war willkommen. Für die eigentliche Schreibarbeit half mir ausserdem, dass ich bereits Lehrmittelpublikationen herausgebracht habe, zumindest das war also nicht völliges Neuland für mich.

Was geschieht nun mit diesem geordneten Nachlass?

Den verwalte ich, mit allem, was bei einer solchen Verwaltung anfällt – das lasse ich auf mich zukommen. Die Zukunft wird zeigen, was das alles beinhaltet. Zudem habe ich auch noch weitere Ideen, was man damit machen könnte.

Gehört zu dieser Nachlassverwaltung auch das Verwalten von Werken in öffentlicher Hand oder in Privatbesitz?

Nein, das nicht – aber ich freue mich, wenn ich im Zusammenhang damit kontaktiert werde. Wenn sich Personen, die noch Erinnerungen an meinen Urgrossvater haben, ihn gar noch gekannt haben oder beispielsweise im Besitz eines Bildes sind, bei mir melden. Ich bin froh und dankbar für alles, was ich diesbezüglich höre.

Was sind Ihre nächsten Pläne, nun, da das Buch vollendet und veröffentlicht ist?

Das Buch ist zwar fertig, aber meine Arbeit längst nicht. Ich habe den Anspruch auf Vollständigkeit, auch wenn ich natürlich weiss, dass das unmöglich ist (lacht), deshalb mache ich weiter und sammle alle Informationen, die ich über Fritz Boscovits finde. Ich ergänze auch die Werkliste, die ich begonnen habe. Doch zuerst freue ich mich jetzt auf die Buchvernissage, die dank dem Ortsmuseum in jenem Haus, in welchem mein Urgrossvater mit seiner Frau und Familie beinahe 50 Jahre gelebt und gearbeitet hat, stattfinden kann.

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