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35/2015 Der Kreis hat sich geschlossen

Von adminZoZuBo ‒ 28. August 2015

Der Kreis hat sich geschlossen

Caroline Pfeiffer Marinho ist 39 Jahre alt, hat drei kleine Kinder, zwei Universitätsabschlüsse, einen MBA und ist Länderchefin eines namhaften Personalentwicklungsunternehmens.

Das Strahlen fällt sofort auf: Caroline Pfeiffer Marinho ist eine Strahlefrau, die viel und gerne lacht. Das Pensum, das sie bewältigt, ist ihr nicht anzusehen. Im Januar 2015 kam sie mit ihrer Familie aus beruflichen Gründen von Brasilien in die Schweiz, für wie lange ist noch ungewiss. Geboren und aufgewachsen ist die 39-Jährige in Brasilien. Im Alter von zehn Jahren zog sie mit ihren Eltern und zwei Schwestern nach Deutschland, da der Vater dort eine neue Stelle antrat. Neun Jahre blieben sie dort, deshalb spricht sie auch einwandfrei Deutsch. Früh lernte die junge Caroline Pfeiffer Marinho, sich in einem anderen Land einzuleben, sich an andere Kulturen anzupassen: «Ich habe gelernt, dass man sich ein Zuhause schaffen muss, egal, wie lange man an einem anderen Ort oder in einem Land lebt, das ist ganz wichtig.»

Als der Entscheid, in die Schweiz umzuziehen, feststand, machte sie sich erstmals im Internet ein Bild von den verschiedenen Wohnorten und Stadtteilen Zürichs und des Kantons. «Doch da war natürlich so viel an Information – es war zu viel«, lacht sie. Die Auswahlstrategie wurde angepasst: Sie traf eine Vorauswahl von vier Quartieren, die ihr gefielen, und sah sich diese bei ihrer nächsten Reise in die Schweiz genauer an. Aber aus einer besonderen Perspektive: «Ich habe mir die Schulen zur Schulausgangszeit angeschaut. Ich wollte die Kinder mit ihren Eltern sehen.» Als sie mit dem Bus 910 vom Bellevue aus Richtung Zollikon fuhr, dachte sie bereits beim Dufourplatz, wie schön der Ort sei. Beim Ausstieg an der Haltestelle Gemeindehaus beobachtete sie, wie die Eltern ihre Kinder im Schulhaus Oescher abholten, mit ihnen in den Bus stiegen und da wusste sie, dass das der Ort sein würde, an dem sie mit ihrer Familie wohnen wollte. «Die Menschen gefielen mir, es war einfach ein Gefühl – und das hat sich bestätigt, es ist sehr schön hier und es gefällt uns wirklich sehr gut.» Nun wohnt das Ehepaar mit seinem vierjährigen Sohn und den eineinhalbjährigen Zwillingstöchtern seit letztem Jahr in Zollikerberg. Caroline Pfeiffer Marinho arbeitet zu hundert Prozent und ihr Mann, der in der Finanzbranche tätig ist, ist ein volles Jahr zu Hause. «Sein Job ist es, Ruhe in die Familie zu bringen», erklärt Caroline Pfeiffer Marinho und lacht verschmitzt. Die Kinder sind trotzdem in der Krippe. Brasilien und die Schweiz seien sich ähnlicher, als man auf den ersten Blick glaube, was aber die externe Kinderbetreuung angehe, bestünden grosse Unterschiede: «In Brasilien wird man komisch angeschaut, wenn man seine Kinder nicht in eine Krippe gibt, hier ist es eher umgekehrt. Dabei ist es für die Kinder so wichtig, früh den Umgang mit anderen Kindern zu haben. Ich ermögliche damit meinen Kindern, mit anderen zusammen zu sein.» Zudem sei es ihr wichtig, als arbeitende Mutter ein gutes Beispiel zu sein. Schuldgefühle habe sie keine, schliesslich seien sie und ihr Mann den Kindern wohl die weniger lustigen Freunde als die Gspänli in der Krippe.

Es macht alles Sinn

Seit 2009 arbeitet die Karrierefrau bei Lee Hecht Harrison. Nach dem Gymnasium wusste sie noch nicht so recht, was sie wirklich arbeiten wollte. Mit 19 folgte der Umzug zurück nach Brasilien und das Kommunikationsstudium mit Schwerpunkt Werbung. «Ich wollte verstehen, wie Menschen kommunizieren.» Es folgten einige Jahre Arbeitserfahrung in der Bankenbranche. Dann kam sie als Kundin zu ihrem heutigen Arbeitgeber und realisierte – das war es, was sie machen wollte. «Deshalb habe ich noch Psychologie studiert – und im Nachhinein verstanden, weshalb ich Kommunikation als erstes Studium gewählt habe. Ich wollte die zwischenmenschlichen Beziehungen verstehen.» Alles, was mit Menschen zu tun hat, was die Menschen bewegt und zusammenbringt, interessiert sie. Sie geht davon aus, dass die Menschen gute Absichten haben, das Gute anstreben und trotzdem machen sie es sich manchmal unnötig schwierig, trotzdem sind sie manchmal unglücklich – und da sei auch die Verbindung zur Branche, in der sie arbeitet. Auf die Frage ihres Sohnes, was sie denn arbeite, antwortete sie: «Ich arbeite bei einer Firma, die andere Menschen glücklicher und besser bei der Arbeit macht.» Heute sei sie an einem Punkt, wo sie realisiere, dass sich der Kreis in ihrem Leben geschlossen habe. All ihre Schritte hätten Sinn gemacht und da, wo sie heute stehe, beruflich und privat, da mache alles Sinn, die Puzzleteile passten. Die junge Mutter kommt nicht mehr so viel dazu, selber Bücher zu lesen. «Ich lese nun die Brüder Grimm vor, aber gerade in der heutigen Zeit mit ihrem Übermass an Informationen ist genau das wunderbar. Man hat immer das Gefühl, man wisse nichts oder zu wenig. Doch wenn ich mit meinen Kindern zusammen bin, realisiere ich, wie einfach es eigentlich ist: Das Wesentliche ist das, was zählt, das Wesentliche dürfen wir nicht aus den Augen verlieren.» Heute hätten wir immer das Gefühl, wir müssten unverletzlich und heldenhaft sein, das sei so anstrengend. Es sei befreiend, keine Heldin oder kein Held sein zu müssen. Dass dies auch bei einer Heldin der Fall sein kann, muss wohl das Geheimnis ihres Erfolges und ihrer ansteckenden Energie sein. (ft)

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