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50/2015 Ein Leben zwischen Ehrenamt und Engagement

Von adminZoZuBo ‒ 11. Dezember 2015

Ein Leben zwischen Ehrenamt und Engagement

Man kennt sie in Zumikon auch für ihre farbenfrohen Kleider. Dass ihre Wange jetzt gerade in Blau und Grün leuchtet, ist allerdings nicht gewollt, sondern die Folge eines Sturzes mit dem Trottinett.

Die Rede ist von Sonja Daeniker, die mit ihren 83 Jahren auch für solche Episoden noch gut ist. «Doch ich überlege wirklich, ob ich nicht langsam mal das Trottinett zur Seite stelle», räumt sie ein. Wer Sonja Daeniker zuhause besucht, taucht ein in eine andere Welt. Die Augen können sich fast nicht satt sehen. Überall stehen Figuren, besondere Steine, liegen Bücher, leuchtende Bilder erzählen von vielen Seiten der Welt. So spannend dieses Zuhause ist, so spannend ist auch der Lebensweg der Zumikerin. Die Jahre der Nachkriegszeit bis zu ihrer Matur 1951 waren geprägt von der Pfadi. Das Übersetzerdiplom der Uni Genf ermöglichte entsprechende Stellen in der Basler Chemie. Eine Radioreportage über Schweizer Ausgrabungen in Tikal, Guatemala, weckte aber Wanderlust. «Ich habe sofort meine Freundin angerufen und ihr vorgeschlagen, nach Amerika zu gehen. Erst Geld verdienen in Amerika, dann auf nach Südamerika», erinnert sie sich. Die Freundin war mit von der Partie. Die Anträge fürs Visum wurden gestellt, doch dann hiess es warten.

Alleine nach New York

«Und kurz bevor die Visa eintrafen, sprang meine Freundin ab und heiratete.» Davon lässt sich aber eine Sonja Daeniker nicht beirren. Mit der MS Cristoforo Colombo gondelte sie alleine nach New York, fand eine Arbeitsstelle und eine bunte Studentengruppe. «Wir haben ein altes Auto fit gemacht und sind nach San Francisco gefahren», erzählt die Seniorin mit leuchtenden Augen. Allerdings hatten ihre Eltern sie gebeten, doch nach einem Jahr zurückzukommen. Ein letztes Mal fuhr sie mit dem Bus nach Mexiko, dann ging es wieder in die Schweiz. Sie lernte ihren Mann kennen, die Hochzeit folgte und ein Zwillingspärchen kam auf die Welt. Weil damit die Wohnung zu klein wurde, baute das Paar ein Haus in Reinach BL. «Eines Abends, als soeben das letzte Möbelstück geliefert worden war, kam mein Mann mit der Meldung nach Hause, er könnte Forschungsleiter in New Jersey, USA werden», weiss Sonja Daeniker noch ganz genau. «Es wurden glückliche Jahre, ausgefüllt mit interessanter Arbeit für meinen Mann und viel freiwilliger Tätigkeit in Schule, Kirche und einer Nervenanstalt für mich», ergänzt sie. Nach fünf Jahren in den USA ging es abermals zurück in die Schweiz und Sonja Daeniker erfuhr, was es damals hiess, hier als Mutter und Hausfrau zu leben. Die Kinder waren nach zwei Stunden Schule schon wieder daheim. An eine angestellte Arbeit war nicht zu denken. Gut ausgebildete Mütter sassen däumchendrehend in ihren Häusern am Chapf. «Das war mühsam», so Sonja Daeniker rückblickend.

Gruppen mobilisiert

Das war die Basis für eine beachtliche Veränderung in ihrem Leben. „Ich wollte eine Gruppe ins Leben rufen. Aktiv sein. Sonja Daeniker schrieb Briefe, telefonierte, redete mit vielen Menschen und konnte 1973 mit der finanziellen Unterstützung des Zumiker Gemeinde- und des Frauenvereins stolze 15 Frauengruppen gründen. Ob Bastelgruppe, Literaturkreis, Wanderfreunde, der Club der jungen Mütter, Sprachgruppen, die Kunst- und und auch die Politikinteressierten: Alle konnten sich treffen, sich austauschen. Zollikon, Küsnacht und andere Gemeinden schauten sich das Erfolgsrezept ab. «Eine Vorzeigegruppe ist sicher die Wandergruppe aus Zollikon. Schon über 500 Wanderungen hat Susanne Aeschimann perfekt organisiert und nie einen Zug verpasst!» Sonja Daeniker selber ruhte sich nicht darauf aus. Sie engagierte sich 16 Jahre in der Fürsorgebehörde Zollikon, war jahrelang in der Kirchensynode und aktiv im Vorstand des Bundes Schweizerischer Frauenorganisationen BSF, dem Dachverband von hunderten von Frauenvereinen. Zur 700-Jahr-Feier der Eidgenossenschaft galt ihr Augenmerk damals der Studie «Unbezahlt & Unbezahlbar», in der die Bedeutung ehrenamtlicher Arbeit behandelt wurde. Es ergab sich übrigens, dass Männer, oft aktiv in Sport und Politik, noch mehr solcher Arbeit leisteten als Frauen. Sie selber hat alle Tätigkeiten ehrenamtlich geleistet, und sie nimmt alle Aufgaben ernst. Sonja Daeniker ist ein kritischer Geist im konstruktiven Sinn.

18 Jahre den Mann gepflegt

Ihr Thema waren die Frauen und ihr Alltag. «Ich habe mich aber immer gegen das Bild der ‚armen, benachteiligten Frau‘ gewehrt», unterstreicht sie. Gerade im BSF habe sie erfahren, dass Frauen ernst genommen werden, dass man ihnen zuhört. Nach einem Hirnschlag ihres Mannes im Jahr 1988 kam Sonja Daeniker selber in die Rolle der pflegenden Ehefrau. Fast 18 Jahre lang hat sie sich gekümmert, ihren Mann umsorgt. «In der Zeit haben mir aber auch die Teilnahme an unterschiedlichen  Kontaktgruppen Halt gegeben. Wir haben Aktuelles besprochen oder englische Bücher diskutiert. Das hat mir gut getan, das war ein Ausgleich», erinnert sie sich. Während dieser Zeit ergab sich für Sonja Daeniker auch ein weiteres Tätigkeitsfeld, bei den «Senioren für Senioren». «Wir treffen uns zum Beispiel, um alte Lieder wieder mal zu singen», erzählt sie. In Zollikon kann eine Klavierlehrerin angestellt werden dank einer Spende vom Chramschopf. «Wenn wir früher mit den Pfadi in der Bahn unterwegs waren, hat irgendjemand ein Lied angestimmt und alle haben mitgesungen. Dieses Liedgut darf doch nicht verloren gehen», sagt Sonja Daeniker. (bms)

 

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