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18/2016 Ein Faible für Formen und Farben

Von adminZoZuBo ‒ 6. Mai 2016

Ein Faible für Formen und Farben

Die kleine Wohnung im Tertianum Zollikerberg ist voll. Kunst lehnt an den Wänden, hockt auf Stühlen, schlummert auf den Tischen und leuchtet am grossen Fenster. Frédéric Belser bereitet hier seine Ausstellung vor, die vom 17. April bis zum 12. Juni im Kunstforum des Tertianums zu sehen ist.

Schnell schiebt Frédéric Belser ein paar Stapel zur Seite, damit der Schreibblock noch Platz findet. «Das ist meine neue Spielerei», sagt der 86-Jährige und zeigt auf eine Acrylskulptur, die man nach Lust und Laune zusammensetzen kann. «In der Kunst muss etwas passieren. Sie muss lebendig sein, sonst wird sie langweilig», erörtert er. Der Name der Skulptur ist französisch. Ein deutscher Titel fällt Frédéric Belser nicht ein, vielleicht, weil er lange Jahre in Südfrankreich gelebt und dort vor allem künstlerisch gearbeitet hat. Von Haus aus ist Frédéric Belser Arzt. Nach seinem Studium in der Schweiz und in Paris hatte er eine eigene Praxis als Diabetologe in Zürich-Fluntern. Während dieser Zeit war kaum Raum, um künstlerisch tätig zu sein. Doch seit er nicht mehr praktiziert, ist er äusserst produktiv. «Vor allem im vergangenen Jahr habe ich fast Tag und Nacht gearbeitet», erzählt er, «ich hatte schon einiges, aber für eine Ausstellung hätte es nicht gereicht.» Dass ihn Farben faszinieren, hat er früh gemerkt. Er erinnert sich noch genau an seine erste Begegnung mit der Kunst. Fünf Jahre alt war er, es war ein verregneter Sonntagnachmittag, und der Vater holte einen Zauberkasten hervor, um den Kindern vergnügliche Stunden zu bereiten. «Ich weiss noch genau, er zeigte uns eine gelbe und eine blaue Scheibe. Dann drehte er sich einmal kurz um und – schwupps – hatte er eine grüne Scheibe in der Hand», so der Zolliker. Geboren war damit nicht nur das Faible für Farben, sondern auch für Formen. «Geometrie war mein absolutes Lieblingsfach», sagt Frédéric Belser rückblickend. Und genau diese Vorlieben spiegeln sich in allen seinen Werken wider.

Geometrie fasziniert ihn

Dreiecke, immer wieder Dreiecke in allen Farben zeigen sich den Betrachtenden. Ähnlich und doch immer wieder neu ordnet der Künstler die Flächen an. Wichtig ist ihm dabei die Transparenz. Die Farben dürfen sich gegenseitig nicht ersticken oder hemmen. Frédéric Belsers Arbeit will nicht «nur» schön sein. Das Tun ist dabei auch philosophisch begründet. Frédéric Belser erinnert an den Satz des Thales, der festgestellt hatte, dass alle Dreiecke in einem Halbkreis rechtwinklig sind. Er erinnert an Newton und dessen Ansätze zu Astralfarben, und er zieht ein bisschen über einen Wolfgang Goethe her, der sich gleich in mehreren Bänden zur Farbenlehre geäussert hat. Die leuchtenden Farben auf vielen Leinwänden erinnern auch ein bisschen an Frédéric Belsers Zeit in Frankreich. «Das erste Mal war ich 1946 in Frankreich. Es war wunderschön», schwärmt der 86-Jährige. Und plötzlich lacht er: «In Versailles haben mir am besten die Gärten von Le Nôtre gefallen, dem berühmten Gärtner. Alles war so geometrisch angelegt. Das hat mich mehr beeindruckt als der Spiegelsaal. » 1994 dann zog Frédéric Belser nach Südfrankreich, um zu malen und zu gärtnern. Er gibt zu, dass die französische Art für einen Schweizer nicht ganz einfach ist. Wenn ein Handwerker sage, er käme am Mittwochmorgen, wisse man nie, wann er komme. Noch nicht mal genau, welcher Mittwoch gemeint sei. Trotzdem blieb er bis 2014 dort, genoss die Leichtigkeit und das Licht. «Ich hatte meine Olivenbäume, meinen Lavendel und all die herrlichen Kräuter.»

Arbeiten werden freier

Zurückgekehrt in die Schweiz, erkrankte er und litt schliesslich unter einem Diabetes, der durch Kortison hervorgerufen worden war. «Ich war mein schlechtester Patient», gibt er unumwunden zu. Ständig habe er das Insulin vergessen und zu unregelmässig gegessen. «Manche meiner alten Patienten zeigten tatsächlich ein bisschen Schadenfreude», lächelt er. Er lacht gerne, hat Sinn für Humor, kann sarkastisch werden. Doch Frédéric Belser sieht auch, was mit 86 Jahren nicht mehr geht. Die Einschränkung stört ihn. Er will in Bewegung bleiben, sich auch in der Kunst weiterentwickeln. Und diese Entwicklung zeigt sich bei neueren Arbeiten. Da werden die Flächen tatsächlich freier, nicht jeder Strich ist ganz gerade. Auch arbeitet er mit Strukturen, die den Bildern eine besondere Tiefe geben. Die Bilder werden weicher, verlieren an Strenge. Vielleicht wird Frédéric Belser auch milder mit sich selbst. Auf der anderen Seite ist das Verspielte, das er behalten hat. So driftete er auch mal kurz ins Design ab, versuchte sich an neuen Installationen. Nichts ist tabu, ausser das Nichtstun. Für Stillstand, Untätigkeit und Langweile hat er nichts übrig. Er mag den Stock nicht, der ihn beim Gehen begleitet, und fast scheint es, als hätte dieser Stock Mühe, mit dem Mann mitzuhalten. (bms)

 

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