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21/2016 Generation Schulden oder Generation Chancen?

Von adminZoZuBo ‒ 26. Mai 2016

Generation Schulden oder Generation Chancen?

Am Podiumsgespräch im gut besetzten Gemeindesaal wurde mehr als zwei Stunden über das bedingungslose Grundeinkommen diskutiert und gestritten. Pro und Kontra brachten gute Argumente – die Frage, wie der digitalen Revolution am besten begegnet wird, blieb unbeantwortet.

Landauf, landab wird momentan über die Einführung des bedingungslosen Grundeinkommens in der Schweiz diskutiert. Der Souverän befindet darüber am Urnengang vom 5. Juni. Und obwohl der Vorlage eigentlich keine Chance eingeräumt wird, Parteien und Meinungsführer dagegen sind und selbst die Initianten nicht an einen Erfolg glauben, wird sie doch breit diskutiert. Sogar im Ausland schafft sie es in die Schlagzeilen. Kein Wunder, durfte Véronique Dutli vom Verein Zukunfts-Fragen gut 100 Zuhörerinnen und Zuhörer zum Podiumsgespräch «Generation Schulden» im Gemeindesaal in Zumikon begrüssen. Das Podium war hochkarätig besetzt. Christian Müller, einer der Initianten, und Philipp Löpfe, Journalist und ehemaliger Chefredaktor des Tages-Anzeigers, vertraten die Pro-Seite. Ihnen standen Ruedi Noser, FDP-Ständerat und Unternehmer, und Lukas Rühli, Projektleiter avenir suisse, für die ablehnende Seite gegenüber. Francis Cheneval, Professor für Politische Philosophie der Uni Zürich, belebte die Diskussion mit grundsätzlichen Überlegungen zum Thema. Die Moderation übernahm der Zolliker Dennis Bühler, Bundeshausredaktor der Südostschweiz und der Aargauer Zeitung, sehr sachlich und ausgewogen.

Grundeinkommen verursacht hohe Kosten

Die Finanzierung eines monatlichen Grundeinkommens von 2500 Franken pro erwachsene Person und 625 Franken pro Kind würde einen Aufwand von 208 Milliarden Franken pro Jahr bedeuten. Eine schier unglaubliche Summe, welche ein grosser Teil der Bevölkerung für nicht finanzierbar hält. Selbst wenn der heutige Aufwand der Sozialwerke wie AHV und IV bei der Annahme wegfallen und dem Grundeinkommen gutgeschrieben würde. Nicht wegzudiskutieren ist die Tatsache, dass sich die Schweiz heute in einem tiefgreifenden Umbruch befindet. Das industrielle Zeitalter ist endgültig beendet, die entsprechenden Arbeitsplätze werden laufend abgebaut oder in Billiglohnländer ausgelagert. Dagegen erobert die Digitalisierung in rasendem Tempo die Welt; die globalen Erfolge und das Wachstum von Google und Co. legen Zeugnis davon ab. Ruedi Noser, als Unternehmer in der IT-Branche tätig, kann ein Lied vom Fachkräftemangel der Branche singen.

Schmerzhafte Umwälzungen

Tatsache ist, dass so grundlegende Veränderungen schon immer grosse Umwälzungen brachten. Ruedi Noser erinnerte an den Zusammenbruch der Textilindustrie in der Schweiz in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts, der Hunderttausende von Arbeitsplätzen gekostet habe. Aber man habe neue Stellen in neuen Bereichen geschaffen. Die Pro-Seite argumentierte, dass das Grundeinkommen den Menschen ein würdigeres Leben bieten würde. Wenn der Druck wegfalle, die Existenz zu sichern, könne man sich auf diejenigen Tätigkeiten konzentrieren, in denen man sich gut und speditiv betätigen könne. Und das würde auch wieder neue Jobs und Märkte generieren. Philipp Löpfe sah die Schweiz in einer ähnlichen Situation wie bei der Einführung der AHV. Damals sei die Schaffung des Sozialwerks eine ebenso grosse Ungewissheit gewesen, wie dies heute mit der Einführung des Grundeinkommens der Fall wäre.

Kein Giesskannenprinzip

Lukas Rühli erwiderte darauf, dass heute niemand in der Schweiz in bitterer Armut leben müsse. Wer Hilfe brauche, erhalte sie auch, zum Beispiel mit den Ergänzungsleistungen. Es sei doch klüger, Hilfe gezielt an Bedürftige auszurichten, als im Giesskannenprinzip einen Geldregen über die Schweiz auszuschütten. Zur Finanzierung meinte er auch, dass die Schweiz seit 1972 Jahr für Jahr immer mehr Schulden anhäufe. Heute sei der Berg so hoch, dass jeder in der Schweiz sechs Jahre lang gratis arbeiten müsste, um ihn abzutragen. Die Initianten zeigten sich überzeugt, dass sich das bedingungslose Grundeinkommen durchsetzen werde. Nicht heute oder morgen, sondern in der Zukunft. Es gehe darum, die Weichen zu stellen für eine Zukunft, die nicht nur die Schweiz mit völlig neuen Herausforderungen konfrontieren werde. Man denke nur an die Roboterisierung in der Produktion oder die Scanner-Zahlstellen im Detailhandel, die Personal einsparen. Bietet das in naher Zukunft die Chance auf neue, interessantere Arbeitsplätze, oder heisst es einfach Arbeitsplatzverlust für weniger Qualifizierte? Der anschliessende Apéro bot Gelegenheit, den Podiumsteilnehmern weitere Fragen zum Thema zu stellen. (wn)

 

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