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34/2016 Humor im Leben ist wichtig

Von adminZoZuBo ‒ 26. August 2016

Humor im Leben ist wichtig

Anfang August hat Lea Scherler in Zollikon ihr Amt angetreten. Der Zolliker Bote traf die 27-jährige Pfarrerin zu einem Gespräch.

Lea Scherler, Sie sind seit kurzem in Ihrem neuen Amt als Pfarrerin in Zollikon. Wie haben Sie Ihren Start am neuen Arbeitsort erlebt?

Sehr ruhig. Wegen der Sommerferien war die Gemeinde wie ausgestorben. Der Kontakt zu den Menschen fehlte mir daher ein wenig. Ich konnte jedoch die Zeit nutzen, meine Umzugskisten in Ruhe auszupacken, mich im Büro einzuarbeiten und erste Gespräche mit dem Sigrist, der Verwaltung oder dem Friedhofsgärtner zu führen. Es fand ein Traugespräch statt, was ich als wunderbare erste Amtshandlung ansehe. Seit dem vergangenen Sonntag gehöre ich offiziell in die Reihe der Pfarrerinnen und Pfarrer. Nach der langen Ausbildung freue ich mich nun sehr über diese Ordination, welche Voraussetzung für den Urnengang im September ist. Bis dahin bin ich in Zollikon in einem 90-Prozent-Pensum als stellvertretende Pfarrerin zusammen mit Pfarrerin Anne-Käthi Rüegg-Schweizer und Pfarrer Simon Gebs tätig. Werde ich gewählt, trete ich die offizielle Nachfolge von Pfarrerin Selina Zürrer und Pfarrer Hans-Jakob Schibler an.

Weshalb haben Sie sich als Bernerin für das Pfarramt in Zollikon interessiert?

Mein Wunsch war es, mich für ein vielseitiges Pfarramt einzusetzen. Das heisst, in einer Gemeinde mit Menschen aus jeder Generation, die ich in ihren unterschiedlichen Lebensabschnitten begleiten darf – von der Geburt bis zum Tod. Zudem mag ich die Nähe zu einer grösseren Stadt. Und da ich am Bielersee aufgewachsen bin und das Vikariat in Basel und daher ebenfalls an einem Gewässer absolviert habe, ist der Zürichsee eine willkommene Zugabe und die Sicht auf die Berge einfach schön. In Zollikon habe ich auch eine Gemeinde gefunden, die meiner theologischen Haltung sehr nah ist.

Welche theologische Haltung vertreten Sie?

Es ist mir wichtig, dass der christliche Glaube nicht einschränkt. Er soll auf die Lebenswelt der Menschen eingehen und nicht von oben herab etwas feststellen und festsetzen. Ich möchte sehen und verstehen, wie die Menschen leben, und für sie da sein, um gemeinsam nach Antworten zu suchen. Mit starren Glaubensformen habe ich Mühe. Unser Leben ist ja stets in Bewegung.

Aus welchen Gründen wollten Sie Pfarrerin werden?

Religion, insbesondere das Christentum, hat mich schon immer interessiert. Deshalb habe ich mich für das Theologiestudium entschieden. Wegen meiner Freude an der Sprache wählte ich im Nebenfach Germanistik. Es kamen ganz viele Fragen auf, die ich selbst beantwortet haben wollte. Beispielsweise: Wie wird die Bibel übersetzt? Wie muss man sich Gott, Jesus und den Heiligen Geist vorstellen? Ich habe während des Studiums die Praktische Theologie und die Systematik schätzen gelernt. Ich habe erfahren, was es bedeutet, Pfarrerin zu sein, und habe gemerkt, dass ich meine Freude an Texten in das Pfarramt einbringen kann. Mir liegt die Vielseitigkeit im Amt als Pfarrerin: Ich bin stets gefordert, kein Tag gleicht dem anderen.

Was muss man sich unter der Praktischen Theologie und der Systematik vorstellen?

Oft bin ich Begleiterin in Schwellensituationen. Ich kann Menschen an der Hand nehmen, wenn sie in neue Lebensabschnitte kommen und existentielle Fragen auftauchen: Können wir unser Kind durch das Leben führen? Was kommt nach dem Tod? Um solche Fragen gemeinsam mit meinen Gesprächspartnern zu beantworten, hilft mir, was ich theoretisch und eben auch systematisch gelernt habe. Die Systematik besteht aus der Dogmatik, die sich mit den christlichen Glaubenslehren auseinandersetzt, und aus der Ethik. Ich habe so verschiedene Meinungen zu einem Thema kennengelernt und mich mit unterschiedlichsten Fragestellungen auseinandergesetzt. Auf der Basis der verschiedenen Ansichten kann ich meine eigene Meinung bilden und in der Praktischen Theologie – also in den erwähnten Gesprächen, bei einer Predigt oder in der Ausbildung von Jugendlichen – umsetzen.

Welche konkreten Herausforderungen kommen in Zollikon auf Sie zu?

Um diese Frage genau beantworten zu können, möchte ich zuerst meine Mitmenschen kennenlernen. Nun sind die Sommerferien ja vorbei. Die Beziehungsarbeit wird sicherlich ein wichtiges Thema sein, insbesondere hier, wo viele Expats leben.

Was liegt Ihnen für die Gemeinde am Herzen?

Zuerst möchte ich wissen, welche Bedürfnisse da sind. Mir liegt jedoch viel daran, eine Kirche zu schaffen, die für alle Generationen offen ist. Die Kirche sollte ein Treffpunkt sein, wo sich alte und junge Menschen austauschen und wo auch Familien ein attraktives Angebot finden. Insbesondere Kinder sollten ein gutes Verhältnis zur Kirche aufbauen können.

Was treibt Sie an?

Das Wissen und der Glaube daran, dass ich getragen bin von Gott. Ich weiss, er ist da, um mir den Rücken zu stärken. Und ich weiss, dass ich Fehler machen darf. Nur so kann ich auf Menschen zugehen und authentisch bleiben. Kraft gibt mir zudem das gemeinsame Feiern in der Gemeinde, beispielsweise bei einem Sommerfest. Man ist zu einer kleinen Gemeinschaft geworden. Man kann zusammen lachen und diskutieren.

Wo suchen Sie einen Ausgleich zu Ihrer Arbeit?

Auf dem Spaziergang mit meinem Hund Schorsch kann ich wunderbar abschalten. Um Erlebtes zu verarbeiten, rede ich mit meiner Familie oder mit engen Freundinnen und Pfarrkolleginnen. Gerne gehe ich auch in Museen, an Lesungen, an Konzerte oder an Auftritte von Slam Poeten.

Was ist Ihnen im Leben wichtig?

Dass ich nicht stehen bleibe. Dass ich mich stets weiterentwickle. Und ich möchte nicht resignieren. Dazu gehört Mut, der mich antreibt, Neues anzugehen. Und nicht fehlen darf der Humor. (mp)

 

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