Suche

49/2016 Lange Nacht, schwarze Null

Von adminZoZuBo ‒ 8. Dezember 2016

Lange Nacht, schwarze Null

Nicht viel hätte gefehlt und der Steuerfuss in Zollikon wäre erhöht worden. Bei anderen Geschäften muss derGemeinderat nochmals über die Bücher, besonders bei den Liegenschaften.

Selten wird der Zolliker Gemeindesaal an einer Gemeindeversammlung so voll gewesen sein wie am Mittwochabend. So proppenvoll war er, dass sogar die Galerie geöffnet werden musste, dort, wo ­normalerweise die Nicht-Stimmberechtigten Platz nehmen. 410 sind gekommen, was 5.1 Prozent der Stimmberechtigten ausmacht. Einer erinnerte sich beim Hineinkommen gleich an eine Simultanübertragung, die es einmal gegeben habe, als über das Fohrbach ab­gestimmt wurde. Das Schwimmbad sorgte auch heuer wieder für Gesprächsstoff, aber erst einmal gaben die drei Kindergartenliegenschaften im Zollikerberg zu diskutieren, die mit dem Ausbau der Schulanlage Rüterwis nicht mehr benötigt werden. Eine von ihnen, die Liegenschaft im Hasenbart 19, beabsichtigte der Gemeinderat im Baurecht an eine Genossenschaft abzugeben. Bereits bei ­diesem ersten Geschäft regte sich Widerstand. Die fünf Zolliker Baugenossenschaften machten sich gemeinsam für eine Rückweisung des Antrages stark. Das knapp 2500 Quadratmeter grosse Grundstück, das sich auch nach Ansicht des Gemeinderats gut für die Erstellung eines Mehrfamilienhauses eigne, solle ihnen zu einem vereinbarten Baurechtszins überlassen und nicht wie vorgesehen demjenigen Anbieter mit der attraktivsten Offerte übergeben werden. «Das Vorgehen des Gemeinderats finden wir inakzeptabel», sagte der Sprecher der Baugenossenschaften, das Bieterverfahren treibe die Miete in die Höhe und verunmögliche somit bezahlbaren Wohnraum in der Gemeinde. Architekt Alain Merkli, der im Auftrag der Baugenossenschaften die Bebauung des Grundstücks ebenfalls geprüft hatte, machte auf das «kostspielige Detail» der steilen Hang­lage aufmerksam, das bei der Erstellung eines Mehrfamilienhauses wohl einen Autolift mit Tiefgarage erfordere, was die Mietzinsen ebenfalls in die Höhe treibe.

Das Geschäft zurückweisen wollte auch die SVP. Geht es nach ihr, sollte die Liegenschaft verkauft werden. Nach einer kurzen Verwirrung im Saal über die verschiedenen Anträge nahmen die Stimmberechtigten den Rückweisungsantrag deutlich mit 274 Ja- zu 111 Nein-Stimmen an. Die Abgabe im Baurecht ist somit vom Tisch, der Gemeinderat muss nochmals über die Bücher. Verpflichtet, nun einen Vorschlag entsprechend der Voten aus der Versammlung vorzulegen, ist er aber nicht, wie Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz erläuterte.

Die Liegenschaften in der Unterhub 4 und diejenige der Neuackerstrasse beabsichtigt der Gemeinderat  für mindestens 6,2 Millionen ­Franken zu verkaufen. «Das Geld braucht die Gemeinde, um die restlichen Liegenschaften zu unterhalten», führte Liegenschaftenvorsteher Bernhard Ecklin aus. Während dem Verkauf der Unterhub 4 zum Mindestpreis von 1,2 Millionen Franken mit 206 Stimmen zugestimmt wurde, musste der Gemeinderat bei der Neuackerstrasse eine weitere deutliche Rückweisung hinnehmen. 303 zu 86 Stimmberechtigte hiessen den Rückweisungsantrag gut, bei dem sich die Baugenossenschaften wiederum für eine gemeinsame Überarbeitung der Vorlage ins Zeug legten, damit nicht ein Renditeobjekt realisiert werde, sondern ein Mehrfamilienhaus mit Wohnungen für den Mittelstand.

Um tiefere Einkommen ging es auch beim Kredit von 600 000 Franken, mit dem künftige Einbussen bei den Altersrenten von Gemeindeangestellten abgefedert werden sollen, die wegen des sinkenden Umwandlungssatzes und tiefer Erträge entstehen. Auch hier wehte dem Gemeinderat ein rauer Wind entgegen, neben der Rechnungsprüfungskommission lehnten auch SVP und FDP das Geschäft ab. Zweifel an der stabilen finanziellen Lage der Personalvorsorgestiftung wurden ebenso laut wie die Forderung, den Anschluss an eine grössere Pensionskasse zu prüfen. Mit dem Hinweis von Gemeinderat und Stiftungsratspräsident Marc Raggenbass, dass dieser Weg auch nicht das «Allerheilmittel» sei und dass es um Einzel­personen mit einem Maximallohn von 83 000 Franken und nicht um die Sanierung der Pensionskasse gehe, genehmigte die Versammlung den Kredit mit 213 Ja- zu 160 Nein-Stimmen.

Intensiv diskutiert wurde auch über das Budget – und das nicht nur von der Versammlung, sondern bereits im Gemeinderat, wie Finanzvor­steher Urs Fellmann bei dessen ­Vorstellung ausführte. «Für die Schuldenfalle sehe ich rot, wenn wir nicht eingreifen.» Eingreifen taten dann auch die Stimmberechtigten – allerdings bei den Löhnen: 169 folgten dem Antrag der RPK, die für Lohnerhöhungen vorgesehene Summe von knapp 240 000 Franken zu streichen. Mit dieser Korrektur resultiert nun nicht wie geplant ein Defizit von 225 600 Franken, sondern praktisch eine schwarze Null: Die Erfolgsrechnung schliesst mit einem kleinen Plus von knapp 12 900 Franken.

Streichen wollte die Rechnungsprüfungskommission ebenfalls den Beitrag von 3,9 Millionen Franken aus der Investitionsrechnung, der für die Sanierung der Sauna in der Schwimmanlage Fohrbach vorgesehen ist. «Es fehlt ein finanzielles Konzept sowie eine strategische Planung für die Zukunft», monierte RPK-Präsident Viktor Sauter. Der für dieses Geschäft zuständige Gemeinderat meinte mit Blick auf die mehrmals angesprochene angespannte finanzielle Lage der Gemeinde, dass der Unterhalt der Anlage trotzdem sauber gemacht werden müsse, sodass die Anlage nicht verlottere und die Sicherheit gewährleistet sei. Der grösste Teil der knapp 4 Millionen Franken fliesse in die Gebäudesanierung, der Ersatz der eigentlichen Sauna schlage mit lediglich 600 000 Franken zu Buche. «Die Sauna soll aber gestärkt und erhalten bleiben», stellte Sascha Ullmann klar, denn sie habe einen positiven Einfluss auf den Gesamtertrag der Anlage. Das sahen wohl auch die Stimmberechtigten so, 201 sprachen sich für den vorgesehenen Kredit aus.

Eine kleine Überraschung gab es zum Schluss, als sowohl EVP als auch SP den Antrag auf eine Steuererhöhung um drei Prozent stellten. Mit 159 zu 142 Stimmen wurde der Antrag knapp verworfen und der Steuerfuss bei den vorgeschlagenen 82 Prozent belassen. Hätten einige Stimmbürger den Gemeindesaal nicht bereits während der noch laufenden Versammlung verlassen gehabt, die Steuerfusserhöhung wäre wahrscheinlich durchgekommen. (mmw)

Werbung

Verwandte Artikel

Newsletter

Abonnieren Sie unseren wöchentlichen Newsletter und lesen sie die neusten Artikel einen Tag vor der Print-Veröffentlichung.

ANMELDEN

Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.