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35/2017 Lärm draussen, Süden drinnen

Von adminZoZuBo ‒ 31. August 2017

Lärm draussen, Süden drinnen

Nur zwei Tage nach dem Entscheid des Bundesrats über den überarbeiteten Entwicklungsplan für den Flughafen zeigt die Galerie «Milchhütte», wie das Thema «Südanflug» gleichzeitig künstlerisch und politisch betrachtet werden kann.

Diese Gelegenheit liess sich Matthias Dutli nicht entgehen. Als die Galerie Milchhütte zur Ausstellung «Anflug aus Süden» einlud, war der Präsident des Vereins «Flugschneise Süd – Nein» zur Stelle. Kurzerhand hatten er und Adolf Spörri als Präsident der Stiftung gegen Fluglärm Zürich sogar ein Plakat aussen angebracht. Es zeigte einen Löwen, der hungrig die Flugzeuge vom Himmel holt. Einen passenderen Zeitpunkt für diese Ausstellung hätte Galerieleiterin Beatrice Herzog gar nicht finden können. Zwei Tage zuvor war der Entscheid des Bundesrats zu den geplanten Südstarts bekannt geworden. Demnach soll in Zukunft bei Bise und Nebel auch in Richtung Süden gestartet werden können. «Das ist ein Totalversagen der Schweizer Politik und ein Verrat an der Bevölkerung», kommentierte Adolf Spörri. In den Galerieräumen selber dagegen ging es künstlerisch nicht um den Fluglärm. Die ausstellenden Kunstschaffenden – allesamt aus der Region – hatten mehrheitlich eher den Gedanken umgesetzt, den Süden einzufangen und abzubilden. So wie bei Barbara Schwegler aus Stäfa, die farbenfroh Eindrücke aus Südfrankreich gestaltet hatte. Oder wie bei Silvia Mende, deren Graugans mit grimmigem Blick am Himmel flattert. Fast meint man den Flügelschlag zu hören.

Einen Gang höher schalten

Aber: Eine Meinung zu dem Entscheid haben die Künstler durchaus. So wie Tibor Franaszek aus Zollikon. «Das sind schreckliche Neuigkeiten. Gerade die Starts verursachen fürchterlichen Lärm und sind zudem der gefährlichste Moment im Flug», betont er. Er verlangt weniger von der Politik, sich vehementer einzubringen, sondern sieht die Technologie gefordert. «Es muss an leiseren Motoren geforscht werden. An den ökologischen Aspekten. Ausserdem ist das Fliegen mittlerweile viel zu billig geworden», unterstreicht er. Auch Corinne Käch ist mit den Südstarts unzufrieden. «Gerade in den letzten Tagen haben wir häufiger abends draussen gesessen und da ist mir erst aufgefallen, in welcher Taktung die Flieger über uns hinwegrauschen.»
Gemeindepräsident Jürg Eberhard aus Zumikon zeigt sich ebenfalls tief enttäuscht. «Gegen die planerischen Festlegungen sind im jetzigen Stadium keine Massnahme möglich. Umso wichtiger erscheinen mir zwei Dinge: Erstens muss die Planung für die Verlängerung der Piste 28 rasch an die Hand genommen werden. Diese Massnahme könnte zu weniger Südanflügen in den Abend- und Nachtstunden führen. Zweitens muss der Kanton die Einhaltung der Flugreglemente besser überwachen und gegebenenfalls auch für Sanktionen sorgen.» Dagegen sieht Klaus Stöhlker von der Stiftung gegen Fluglärm Mathias Dutli und Adolf Spörri gefordert: «Die beiden Süd-Präsidenten müssen mit ihren Vorständen einen Gang höher schalten, um etwas zu bewirken». Die Swiss sei kein «national carrier» mehr, sondern werde von Frankfurt aus geführt. Er bedauert sehr, dass sich im Süden keine Partei und kein National- und Ständerat bereit zeigte, sich gegen den Flughafen und die deutsche Lufthansa und Swiss einzusetzen.

«Sachliche Abwägung fehlt»

«Natürlich sind wir enttäuscht, dass der Bundesrat entgegen unseren Bemühungen den Weg frei macht für Südabflüge geradeaus. Aus unserer Sicht fehlt nach wie vor eine lärm- und raumplanungsoptimierte Evaluation des Flughafen-Betriebskonzeptes unter Berücksichtigung aller heute möglichen An- und Abflugvarianten», zeigt sich auch Zollikons Gemeinderat Sascha Ullmann verärgert. Der Entscheid betreffend Südabflüge geradeaus sei deshalb ohne genügende sachliche Abwägung erfolgt. Das sei bedauerlich. «Der Gemeinderat Zollikon hat bisher immer alle sinnvollen und rechtlich möglichen Schritte unternommen, um die Interessen der Einwohnerinnen und Einwohner sowie der Grundeigentümerinnen und Grundeigentümer zu wahren. Diese Option halten wir uns auch diesmal offen.» Klar ist aber auch: Wer sich über den Entscheid des Bundesrates ärgert, kann sich mit der Ausstellung «Anflug aus Süden» entspannen. In den unterschiedlichsten Handschriften kommt der Süden mit all seiner Melancholie, mit seinen intensiven Farben und Verspieltheiten daher. Ein Besuch lohnt sich. (bms)

Heute Freitag, 17 bis 19 Uhr; Finissage morgen Samstag, 17 bis 20 Uhr.

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