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13/2018 «Mehr als die Summe von allem»

Von adminZoZuBo ‒ 29. März 2018

«Mehr als die Summe von allem»

Ihr Ehrgeiz, ihre Leidenschaft sind sofort spürbar. Kirstin Reppas ist eine junge Frau, die machen will. Und wenn am Samstag, 7. April, im Kino Xenix der Vorhang aufgeht, wird sie wohl aufgeregt sein. Mit Recht. Dann wird im Rahmen der 42. Schweizer Jugendfilmtage ihr Kurzfilm «Arachnophobia» gezeigt.

Ja, es gab schon mal einen Horror-Film mit Spinnen unter diesem Titel. «Ich habe aber die Erlaubnis eingeholt, den Titel verwenden zu dürfen», macht die Film-Studentin an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) gleich klar. Im Mittelpunkt des Kurzfilms steht nämlich eine Schwarze Witwe. Zur Story: Die kleine Ella hat gerade eine Dokumentation über diese Spezies gelesen, wo das Weibchen nach dem Sex das Männchen frisst. Ausgerechnet jetzt kommt ihr alleinerziehender Vater mit einer neuen Freundin nach Hause. Kurz: Die Frau hat einen schlechten Stand bei der Tochter. Einen ganz schlechten Stand.

«Ich liebe es, mit ungleichen Duos zu arbeiten», erklärt Kirstin Reppas. Ob Alter, Geschlecht, Lebenserfahrung: Die Zumikerin liebt den Kontrast. Und so werden auch zwei gegensätzliche Protagonisten die Hauptrollen in ihrem Abschlussfilm darstellen. Zum Hintergrund: Die Hauptdarsteller haben sich von ihren Familien abgewandt und erleben auf einem Road-Trip durch die Schweiz einen Sinneswandel. Vielleicht. So ganz verraten will die 24-Jährige den Plot zu ihrem Diplom-Film nicht.

In Chile geschrieben

Entstanden ist das Drehbuch dazu während eines halbjährigen Aufenthalts in Chile. «Erstens wollte ich wirklich lernen, fliessend spanisch zu sprechen, und ich brauchte den Abstand, um die Geschichte zu Papier zu bringen», erinnert sie sich. Wenn sie schon ein Drehbuch schreibt, hätte sie die Geschichte doch gleich als Roman niederschreiben können. «Nein», lacht sie spontan, «ein Buch ist zu wenig. Ich bin eine visuelle Person. Es braucht die Bilder, das Licht. Auch den Ton, die ganze Stimmung. Was dann entsteht, ist mehr als die Summe von allem.»

Dabei ist es nicht so, dass schon die kleine Kirstin unbedingt Filme drehen wollte. Sie wurde in den USA geboren – der Vater ist Amerikaner, die Mutter halb Schweizerin, halb Deutsche – und mit vier Jahren ging es in die Schweiz. «Ich habe in Zumikon eine wirklich wunderbare Kindheit verbracht. Wenn ich jetzt durch das Dorf gehe, sehe ich schon viele neue Häuser. Aber die Entwicklung lässt sich wohl nicht aufhalten.» Sie legte die Matura am Gymnasium Hohe Promenade ab und informierte sich dann an der Uni über Studienmöglichkeiten. Doch kein Fach packte sie so richtig. Dabei hatte sie als Abschlussarbeit am Gymi einen Animationsfilm vorgelegt, an dem sie acht Monate gearbeitet hatte und der mehrfach ausgezeichnet wurde. «Damals dachte ich, ich mache noch einmal was Künstlerisches, ehe der Ernst des Lebens kommt.»

Verdichtung auf zehn Minuten

Schliesslich stiess sie auf das Angebot des Film-Studiums. Mit Passion bereitete sie sich auf die Aufnahmeprüfung vor, die es in sich hat. Ein Film musste eingereicht werden, ein Text auch, Fotos und dann standen vier Tage Prüfung an. 15 Leute nur wurden aufgenommen. Kirstin Reppas war dabei. Unterstützt wird sie beim Studium auch von ihren Eltern. «Die wollen aber schon sehen, dass ich das ernsthaft betreibe.» Auch gegenseitig unterstützen sich die Studenten. «Oft finden sich an der ZhdK schon Teams, die auch später zusammenarbeiten.» Ganze dreieinhalb Tage wurde für «Arachnophobia» gedreht. Dann kamen die Nachdreharbeiten, die Postproduktion. Eigentlich hätte der Film 45 Minuten dauern dürfen. Die Zumikerin beschränkt sich auf zehn. «Ich wollte die Geschichte verdichten, ganz konzentriert servieren.» Am meisten Spass mache ihr dabei die Arbeit im Schnittraum. «Das ist eigentlich die zweite Regie. Aus der Fülle des Materials die richtigen Szenen zu finden, das ist eine Herausforderung.»

Kleines Budget

Immerhin gibt die ZhdK ein Budget zum Erstellen des Films. «Aber das reicht nicht. Da steckt viel Eigenkapital drin», räumt Kirstin Reppas ein. Auch wenn alle Darsteller auf ihre Gage verzichten, bleiben da noch Kosten für Benzin, Miete, Catering, Kostüme, Requisiten und, und, und. Besonders glücklich ist die Studentin mit der Schauspielerin, welche die junge Tochter verkörpert. Junge, gute Darsteller zu finden, sei an sich schon extrem schwierig. Und: Kirstin Reppas wollte ein Mädchen, das muttersprachlich englisch spricht. Sie selber spreche mit ihrem Vater englisch. Aber: Nein, sie selber habe keinen Tochter-Vater-Konflikt. «Aber ich glaube, dass jeder Film auch authentische Züge haben sollte.» Und genau deswegen thematisiert ihr Diplom-Film auch wieder das Aufeinandertreffen von zwei unterschiedlichen Kulturen.

Um ihren Film zu finanzieren, ist Kirstin Reppas nun unterwegs, um Fördergelder einzutreiben. Aber da sind ja auch noch die Schweizer Jugendfilmtage, bei denen es auch Geld zu gewinnen gibt. Parallel läuft «Arachnophobia» auch in Chicago, Los Angeles, Warschau und in Moskau – wo er schon mit einem Preis ausgezeichnet wurde. Leider konnte sie selber nicht vor Ort sein, das Studium fresse einfach zu viel Zeit. Und ist da mal ein bisschen Freizeit, dann geht sie entweder ins Kino oder guckt Serien mit Freunden. «Die machen dem Kino schon Konkurrenz», urteilt sie. Und wenn dann immer noch ein ganz kleines bisschen Zeit übrig ist, geht sie zum Badmintonspielen in die Farlifanghalle und hinterher ganz unaufgeregt in die Beiz. Da ist von hipper Film-Studentin nichts zu spüren. Und so vereint sie wohl nicht nur die Welten Schweiz und USA, sondern auch Zürich und Zumikon.(bms)

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