Mit klarem Vorsprung gewählt

Erstmals seit mindestens 60 Jahren ist das Zolliker Gemeindepräsidium nicht mehr ­in den Händen der Freisinnigen: Der Grünliberale Sascha Ullmann gewinnt die Wahl deutlich.

Mit einem knappen Wahlausgang hatte im Vorfeld manch einer gerechnet, mit einer solchen Deutlichkeit wohl die wenigsten. Mit 1590 Stimmen schaffte Sascha Ullmann den Sprung ins Gemeindepräsidium, über 600 Stimmen mehr erhielt der Grünliberale als sein Kontrahent Urs Fellmann (FDP), den 980 wählten. Die Wahlbeteiligung lag bei 35,7 Prozent.

Das erlösende Telefon, bei dem die amtierende Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz die frohe Botschaft überbrachte, bekam der 46-Jährige am Sonntagnachmittag kurz vor halb vier Uhr. Die Wahlfeier im eigenen Garten des Mehrgenerationenhauses mit Familie, Freunden und Unterstützern hatte gerade erst begonnen. «Gefeiert hätte ich so oder so», sagte Sascha Ullmann strahlend und zeigte sich vom Resultat überwältigt. Er sei völlig offen in den Tag gestartet: «Die Wahlchancen abzuschätzen, war schwierig gewesen», aber mit einem solchen Vorsprung gewählt zu werden, damit habe er nicht gerechnet.

Über ein halbes Jahrhundert in FDP-Hand

Die Gründe für seinen Gewinn sieht Sascha Ullmann vor allem darin, dass er frischen Wind bringen könne. Die Gemeinde sei reif gewesen für eine Verjüngung. Den Wahlkampf bezeichnet er als intensiv, aber fair. «Dass Zollikon eine ehrliche Wahl gehabt hatte, finde ich super.» Besonders gerne schaut er auf die erhaltene Wertschätzung zurück, die er ganz unterschiedlich habe erfahren dürfen, so beispielsweise am Sechseläuten, wo der Schmidenzünfter Zusprüche von wildfremden Menschen entgegennehmen durfte, wie er während seiner kurzen Ansprache an seiner Wahlfeier erzählte. Einen ganz besonderen Dank sprach er seiner Frau Andrea und den beiden ­Kindern aus, die die Intensität des Wahlkampfes auch zu spüren bekommen und ihn stets mit vollen Kräften unterstützt hätten.

FDP-Parteipräsident Marco Weber bedauert, dass die Freisinnigen das Gemeindepräsidium, das seit mindestens 60 Jahren in den Händen der FDP lag – die frühere Parteizugehörigkeit konnte nicht nachverfolgt werden – nicht haben halten können. Die Gründe dafür kann er noch nicht nennen, für eine fundierte Analyse sei es noch zu früh. «Urs Fellmann hatte im Wahlkampf grossen persönlichen Einsatz gezeigt, und leistet hervorragende Arbeit als Vizepräsident und Finanzvorstand.» Seine Aufgabe als Parteipräsident sei nun der Blick nach vorne.

Unterwegs werden neue Kräfte getankt

Sascha Ullmann ist seit vier Jahren im Zolliker Gemeinderat als Ressortvorsteher Sicherheit und Umwelt. Auf sein neues Amt werde er sich nun in den kommenden Wochen vorbereiten, dann werde er Katharina Kull-Benz, die ihr Amt noch bis Ende Juni ausübt, intensiv über die Schulter schauen. Er freue sich sehr auf seine neue Aufgabe und sei voller Motivation, sagte der Grünliberale. Seine Abteilung verlassen zu müssen, falle ihm aber nicht leicht.

Nun gönnt er sich erst mal ein paar Tage Ruhe. Der studierte Geograf, der in seiner Freizeit gerne Höhlen erforscht und in der Natur unterwegs ist, hat sich die Durchquerung der Schweiz zum Ziel gemacht. Zusammen mit seiner Appenzellerhündin brach er am Montag vom nördlichsten Grenzstein, dem «Schwarzen Stein» bei Bargen in Schaffhausen zurück nach Zollikon auf, bevor dann eines Tages die weitere Etappe nach Chiasso zum südlichen Gegenstück, dem Punto estremo Sud, führen wird. «Die vier Tage meiner ersten Etappe sind optimal, um mich von den Wahlkampfstrapazen zu erholen, den Kopf auszulüften und neue Energie zu tanken.»

Ob er auch eine besondere Stärkung brauche, um sich im bürgerlichen Gemeinderat mit ansonsten reinen FDP- und SVP-Vertretern durchsetzen zu können? Sascha Ullmann winkt ab. Er sei sich ­sicher, den nötigen Rückhalt zu erhalten, gehe es im Gemeinderat doch nicht um reine Partei-, sondern um Sachpolitik. (mmw)