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18/2018 Maturand wird erfolgreicher Erfinder

Von adminZoZuBo ‒ 3. Mai 2018

Maturand wird erfolgreicher Erfinder

Dem Zolliker Maturanden Florian Freund ist mit seiner Abschlussarbeit ein wegweisender Schritt in die Zukunft gelungen: Dank seiner Er­findung können Wasserstoff-E-Bikes an Wasserstoff-Autotankstellen betankt werden.

«Auf dem Spielplatz bei meiner Grossmutter in Adliswil gab es eine richtig schöne, alte Dampflokomotive», erinnert sich Florian Freund, Maturand am Zürcher Gymnasium Sumatra, strahlend an unvergessliche Stunden ­seiner Kindheit. Technik sowie Themen rund um Energie faszi­nieren den 18-jährigen Zolliker seit jeher. Die Nachteile der fossilen und atomaren Energietechnologien, insbesondere der Klimawandel, stimmen ihn jedoch nachdenklich. Wahrscheinlich habe er sich vom Vater, der beruflich mit Maschinenbau und Fluidtechnik-Projekten beschäftigt ist, anstecken lassen, schmunzelt er. Während eines der vielen Gespräche zuhause, in dem es um die alternative Antriebstechnologie mit Brennstoffzellen (s. Kasten) ging, entstand das Themengebiet für Florian Freunds Maturarbeit. «Bei Maschinen oder Fahrzeugen, die mit der Brennstoffzelltechnologie funktionieren, entstehen keine schädlichen Abgase», erklärt der Maturand. «Zu dieser Entwicklung einer möglichst umweltfreundlichen Fortbewegung wollte ich gerne einen Beitrag leisten.»

Vom Rasenmäher zum Wasserstoff-Velo

Der junge Tüftler begann also, den Rasenmäher umzurüsten. Obwohl das für den Lego-Fan und geübten Bastler, der beispielsweise gerne Stadtmodelle aus Kartonage anfertigt, keine grosse Sache bedeutete, entpuppte sich sein angedachtes Rasenmäher-Projekt als zu wenig ergiebig. Insbesondere deswegen, weil es schon zahlreiche Versuche mit alternativen Antriebstechnologien für Rasenmäher gibt. Während Internetrecherchen stiess der junge Zolliker dann auf das Wasserstoff-E-Bike des internationalen Industriegas-Spezialisten «Linde Gas» – einen Prototyp, der anstelle einer Batterie mit Brennstoffzellen und einem 1.3-Liter kleinen Wasserstofftank, der wie eine Trinkflasche am Fahrrad angebracht ist, ausgerüstet ist. Gemäss Herstellerkonzept wird dieser Velo-Tank von grossen Druckflaschen aus betankt. Doch Florian Freund findet das unpraktisch: «Da eine solche Flasche ungefähr so gross wie ein Velo ist, braucht sie viel Platz im Keller. Beim Lagern nimmt zudem der Gasdruck ab. Ist die Flasche einmal leer, ist das Auffüllen aufgrund der Grösse eher anstrengend.» Diese Bedenken gaben schliesslich den Anstoss für das Maturprojekt: Statt dass jeder H2-Velobesitzer künftig eine grosse Flasche zu Hause lagert, sollten sich die H2-E-Bikes an H2-Tankstellen auftanken lassen. Eine der wenigen solchen Tankstellen in der Schweiz gibt es in Dübendorf, beim Mobilitätsdemonstrator «move» der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt Empa. Doch solche Wasserstofftankstellen sind darauf ausgerichtet, die deutlich grösseren Tanks eines Wasserstoff-Autos zu füllen: Der Wasserstoff kommt mit Hilfe eines vordefinierten Betankungsprogramms und unter hohem Druck aus dem Zapfhahn.

Prototyp nach halbem Jahr entwickelt

Florian Freund kniet sich gerne voll und ganz in eine Sache und nimmt sich Zeit, jedes Detail zu hinterfragen und zu verstehen. So auch bei seiner neuen Aufgabe: «Ich musste herausfinden, welche Normen die Tankstelle akzeptiert, und mit welcher Art von Zwischenstück ich die Velo-Gas-Flasche mit der Tankstelle verbinden kann.» Konkrete Ideen waren rasch vorhanden. Doch um die erforderliche Tankkonstruktion zu entwickeln, benötigte er zuerst einmal Bauteile: Der Arbeitgeber von Florian Freunds Vater, das US-Unternehmen Swagelok, stellt Teile für Gaslösungen her und hat sich als Sponsor gewinnen lassen. Florian Freund fand auch schnell einen Coach für sein Projekt: Die Empa, die regelmässig Forschungsprojekte unterstützt, war sofort davon angetan, einmal eine Matur­arbeit zu begleiten. Bereits nach kurzer Zeit hatte der junge Tüftler eine Apparatur entworfen und zuhause auf dem Pult zusammen­geschraubt. Aber eine noch einfachere Lösung schwebte ihm vor. Und plötzlich war klar: Bereits der erste Druckstoss aus der Zapfsäule genügt, um die Bike-Flasche zu füllen. Vorausgesetzt, dass das Gas danach nicht mehr zurück in die Tankstelle fliesst. Florian Freund entwickelte also den passenden Druckregler, dank dem sich die Flasche in drei Sekunden an der Tankstelle auffüllen lässt.

Maschinenbau oder Architektur als Ausbildungsziel

Florian Freund nimmt für seine Maturarbeit die Note 5.5 entgegen. Über seinen Erfolg freut er sich sowohl als Schüler wie insbesondere auch als Forscher. Etwas wehmütig gibt er das Wasserstoff-Velo, das er für die Präsentation seiner Matur­arbeit ausleihen durfte, an den Hersteller zurück. Denn die Firma «Linde Gas» hat lediglich zehn Prototypen gebaut. Wehmütig schliesst der Maturand nun auch die Zeit als Tüftler und Werkler ab, denn jetzt ist Lernen für die Maturprüfungen angesagt. Im Juli sollte alles überstanden sein und Florian Freund darf mit seiner Klasse für eine Woche auf die verdiente Maturreise nach Lissabon. Doch eine richtige Verschnaufpause gönnt sich der junge Erfinder nicht: «Nach der Schulzeit nehme ich mir ein Jahr Zeit. Ich hoffe auf eine Praktikumsstelle im Maschinenbau oder auf einem Architekturbüro, um mich dank der neuen Erfahrungen für eine Studienrichtung entscheiden zu können. Falls das nicht klappt, werde ich mit Sprachaufenthalten mein Französisch und Englisch aufbessern.» (mpe)

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