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22/2018 «Bereits als Kind lernte ich die Bedeutung von Wein kennen»

Von adminZoZuBo ‒ 31. Mai 2018

«Bereits als Kind lernte ich die Bedeutung von Wein kennen»

Patricia Baumann hat ihr Hobby zum Beruf gemacht: Die Weinberaterin lebt ihre Passion im Weinkeller Zollikon von Mövenpick aus, das als Unternehmen in diesem Jahr sein 70-Jahr- Jubiläum feiert und ab heute zu Degustationstagen einlädt. Warum man beim Wein nie ausgelernt hat und Flaschenverschlüsse nichts über deren Inhalt aussagen, verrät die Kennerin im Interview.

Mit Patricia Baumann sprach Martina Peyer

Patricia Baumann, weshalb mögen Sie Wein?

Ich bin im Restaurant aufgewachsen: Meine Eltern wirteten einst im «Stadthof 11» in Oerlikon, später im Restaurant Guldenen. Ich lernte daher bereits als Kind, wer zu welchem Essen welchen Wein mag. Nach der Lehre im Seehotel Sonne in Küsnacht arbeitete ich eine Wintersaison lang im Gastgewerbe in Davos, danach als Chef de Service im Mövenpick Hotel Zürich Airport Glattbrugg. Dank einer internen Weinausbildung und einer Anfrage, hier im Weinkeller zu arbeiten, bin ich vor zehn Jahren in der spannenden Welt der Weine gelandet.

Was fasziniert Sie an Ihrem Beruf?

Bei Wein kann man nie auslernen. Niemand kennt alle Traubensorten und alle Verarbeitungsresultate, die es auf der Welt gibt. «Hárslevelű» zum Beispiel ist eine Rebsorte, die es nur in Ungarn gibt. Die vulkanischen Hügellandschaften dieser Weinbauregion haben Böden, die sich aus Ton, Tuffstein, Sand und Löss – ein hellgelblich-graues Sediment – zusammensetzen und dadurch einzigartige Traubensorten heranreifen lassen – es entstehen unverwechselbare Weinstile. Es gibt auch immer wieder Länder, die neu Wein produzieren, wie zurzeit China. Schön ist, dass ich den Kunden Neues weitervermitteln darf. Und zwar zusammen mit Kolleginnen und Kollegen, von denen viele seit langer Zeit hier arbeiten. Denn auch der Weinkeller Zollikon besteht seit 34 Jahren und ist damit der fünfälteste Standort der insgesamt 23 Mövenpick-Weinkeller.

Gibt es den typischen Frauen- oder den typischen Männer-Wein wirklich?

Nicht mehr. Denn auch Frauen haben tanninhaltige oder säurebetonte Weine schätzen gelernt, und die Männer geben je länger je mehr zu, dass sie Amarone oder Primitivo mögen. Früher mochte ich eher fruchtige Weine. Je mehr ich jedoch degustiere, desto interessanter finde ich Weine mit mehr Struktur, wie beispielsweise Bordeaux oder Cuvées oder Weine aus Italien. Der Geschmack verändert sich ja scheinbar alle sieben Jahre. Zudem: Jede Person riecht und schmeckt andere Duftstoffe, andere Noten in einem Wein. Derselbe Wein schmeckt für die einen nach Brombeeren und Kaffee, für andere eher nach Pfeffer. Vieles passiert auch im Kopf: Das Etikett des vollmundig-temperamentvollen «Etoile du Sud» aus dem südlichen Roussillon zeigt einen Strauss Lavendel. Für viele Geniesser schmeckt dieser Wein daher nach Lavendel. Bei einer Blinddegustation schmeckt man in diesem Rotwein jedoch eher Brombeeren, Kirschen und würzige Noten.

Sie haben demnach keinen Lieblingswein?

Nein. Denn es gibt so viele gute Tropfen! Ich geniesse Wein nach Lust und Laune, passend zum Wetter und zum Anlass. Egal, ob es ein Wein unter zehn Franken ist oder auch einmal ein Top-Wein.

Welcher Wein passt zur aktuellen Spargelsaison?

Da gibt es ganz viele! Weissweine sind immer passend. Insbesondere ein «Sauvignon Blanc» aus der Loire-Region oder ein «Grüner Veltliner» aus Österreich oder ein trockener «Riesling» aus Deutschland. Spannend sind natürlich auch Übersee-Weine – solche aus Neuseeland, Chile, Argentinien oder aus den USA.

Wie findet man generell den passenden Wein zu einem Essen, ohne eine Schulung machen zu müssen?

Es gibt keine strikten Regeln. Ich trinke beispielsweise gerne Rotwein zu einem Käsefondue oder zu Fisch. Der Wein sollte jedoch stets mit dem Essen harmonieren. Zu Gerichten mit Tomaten, die viel Säure enthalten, eignet sich ein Wein mit wenig Säure. Zu scharfen Gerichten passt ein fruchtiger Wein.

Welche Weine sind zurzeit in?

Im Frühling kommt die Lust nach Rosé auf. Gefragt ist «Miraval» vom französischen Weingut von Angelina Jolie und Brad Pitt oder der «Domaines Ott» aus der Provence, einem der bekanntesten Rosé-Gebiete weltweit.

Merke ich einem Wein an, ob er mit einem Glas-, einem Kunststoffzapfen oder einem Korken verschlossen worden ist?

Nein. Bei Alltagsweinen ist es sogar sinnvoll, Glas- oder Silikonverschlüsse zu nutzen. Denn einerseits können die wertvollen Korkbäume geschont werden, andererseits reduziert sich die Menge Wein, die aufgrund von «Zapfen» ungeniessbar geworden ist. Weine wie Bordeaux jedoch, die man 25 Jahre lang lagern kann, lassen sich nur mit Korken verschliessen. Nur so können die Weine atmen und reifen.

Welches Motto prägt die Jubiläumstage?

Wir führen die Vision von Mövenpick-Gründer Ueli Prager weiter: Jeder Mensch soll sich ein Glas Wein leisten können. In seinen Restaurants begann er daher mit dem Offenausschank. Später kamen die Weinkeller dazu, wo Degustationen seit jeher den Kunden ermöglichen, Neues zu entdecken, Raritäten oder auch Top-Weine zu probieren.

Ihr Tipp für Weingeniesser?

Es ist spannend und ergibt überraschenden Trinkgenuss, wenn man offen für Neues ist. Beim Degustieren lerne ich stets neue Weine schätzen und traue mich daher, Altbewährtes im Regal stehen zu lassen. Zudem sollte man sich nicht von Etiketten oder Bewertungen verleiten lassen.

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