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25/2018 Jugendliche Flüchtlinge müssen Zollikon verlassen

Von adminZoZuBo ‒ 22. Juni 2018

Jugendliche Flüchtlinge müssen Zollikon verlassen

Der Vertrag war zwar von Anfang an befristet, doch nun geht alles überraschend schnell: Das Zolliker MNA-Zentrum wird noch diesen Sommer geschlossen.

An der Gemeindeversammlung vom Mittwoch vergangener Woche sprach Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz noch davon, dass es keine Eile habe, es keine Dringlichkeit gebe. Das ehemalige Pflegeheim am See werde seit August 2016 vom Kanton als Asylheim für unbegleitete Jugendliche gemietet. Mit dieser Situation sei man zufrieden, das Gebäude werde sinnvoll genutzt, stehe also nicht leer und bringe einen angemessen Mietzins ein. Der neue Gemeinderat werde sich nach seiner Konstituierung wieder mit dem Gebäude befassen und damit die Umsetzung der Ausführungsbestimmungen des Heinrich Ernst-Fonds an die Hand nehmen.

Diesen Ausführungen vorausgegangen war eine Anfrage der SP Zollikon, die wissen wollte, wie es mit ebenbesagtem Fonds weitergehe, nachdem im letzten Jahr das Bundesgericht bestätigt hatte, dass der Ertrag aus einem allfälligen Verkauf der Liegenschaft am See weiterhin zweckgebunden eingesetzt werden müsse.

Weniger Asylsuchende zugeteilt

Nur einen Tag später war alles anders. Bereits am Freitagmorgen meldeten sich einzelne Personen auf der Redaktion dieser Zeitung: Das MNA-Zentrum – das Zentrum für unbegleitete minderjährige Asylsuchende (Mineurs Non Accompagnés) – werde geschlossen, berichteten sie, den Angestellten sei am Donnerstag gekündigt worden. Am Freitag dann wurde auch die Gemeinde über das Vorgehen informiert. «Der Gemeinderat hatte absolut keine Kenntnis davon», sagt Zollikons Gemeindeschreiberin Regula Bach auf Anfrage, «er wurde völlig überrascht.»
Den Mietvertrag für die Liegenschaft an der Seestrasse 109 hat die Gemeinde Zollikon mit dem Kantonalen Sozialamt, also dem Kanton Zürich, abgeschlossen, der Vertrag läuft noch bis Juni 2019. Für den Betrieb, die Betreuung und Schulunterricht für die Flüchtlinge beauftragte der Kanton die Asylorganisation Zürich AOZ. Deren Direktor Thomas Kunz bestätigt, dass das Zolliker MNA auf das neue Schuljahr geschlossen werde. Als Grund nennt er einerseits die stark rückläufigen Zahlen an Asylsuchenden, auch von unbegleiteten Minderjährigen: «Dem Kanton Zürich sind in den letzten Monaten viel weniger MNA zugewiesen worden.»
Andererseits sei es aber von Beginn an klar gewesen, dass es sich bei Zollikon nur um ein befristetes Zentrum handelt. «Der Kanton hatte bereits signalisiert, dass er das Zentrum nicht länger als notwendig betreiben will », erklärt Thomas Kunz weiter. Der AOZ sei es wichtig gewesen, «schuljahreskonform» zu handeln, also so, dass die minderjährigen Flüchtlinge auf das neue, Ende August beginnende Schuljahr hin in eine neue Unterkunft wechseln können und nicht mitten im Jahr umgeteilt werden müssten. Wo sie hinkommen, müsse für jeden einzelnen Fall noch sorgfältig geprüft werden. Möglich sind gemäss dem AOZ-Direktor eine neue Wohnsiedlung mit einer neuen MNA-Aussenstelle in Zürich, die im August in Betrieb genommen wird, das MNA-Zentrum in Affoltern am Albis oder die anderen bestehenden Aussenstellen.

«Motivierte, fleissige Schüler»

Überrascht über den kurzfristigen Entscheid und die Bekanntmachung zeigt sich auch Schulpflegepräsidentin Corinne Hoss. Und auch etwas frustriert, hätten die Lehrpersonen an der Schule doch einen «überdurchschnittlichen Extraaufwand» getätigt. Sieben der zurzeit 70 in Zollikon untergebrachten minderjährigen Asylsuchenden besuchen seit einem halben Jahr die reguläre Oberstufe der gemeinsamen Sekundarschule Zollikon-Zumikon und haben zusätzlichen Deutsch- und Mathematikunterricht erhalten. «Die jugendlichen Asylsuchenden hatten in den Aufnahmeklassen Asyl sehr schnelle und gute Fortschritte gemacht, sodass wir sie regulär einschulen konnten», sagt sie, die jungen Asylsuchenden hätten sich sehr bemüht, waren motivierte und fleissige Schüler. «Es gelang ihnen, sich schnell zu integrieren, und sie hätten eine grosse Chance gehabt, hier eine Anschlusslösung zu finden», ist sich Corinne Hoss sicher. In den nächsten Tagen finde nun zusammen mit der AOZ und dem Volksschulamt ein erstes Gespräch statt, um abzuklären, ob die bereits eingeschulten Asylsuchenden weiterhin in Zollikon die Oberstufe besuchen könnten.

Lösungen werden gesucht

Der so kurzfristig publik gewordene Entscheid ist für die Schulpflegepräsidentin nicht nur unglücklich wegen der erst letzte Woche erfolgten öffentlichen Beantwortung der Anfrage der SP, die nun die Gemeinde fast habe aussehen lassen, als habe sie nicht die Wahrheit gesagt. Sondern auch, weil das neue Schuljahr längstens geplant sei. Erst kürzlich hätten Schnuppertage für weitere junge Schüler aus dem MNA-Zentrum stattgefunden, die nach dem Sommer hätten eingeschult werden sollen. Diese würden nun nicht aufgenommen werden können, bedauert Corinne Hoss. «Wir hoffen nun sehr, dass für jeden einzelnen eine gute Anschlusslösung gefunden wird.» (mmw)

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