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33/2018 Die Hüfte muss wackeln

Von adminZoZuBo ‒ 16. August 2018

Die Hüfte muss wackeln

Schon zum dritten Mal war das pädagogische Tanzprogramm «Dancing Classrooms» in der Schule Zumikon zu Gast. Aus Mädchen und Buben wurden Ladys und Gentlemen.

Dienstagnachmittag, halb drei. Draussen herrschen 27 Grad. Von der Badi nebenan sind Lachen und Juchzer zu hören. Und trotzdem: Die Schülerinnen und Schüler von Daniel Vogler sehen gar nicht so unglücklich aus, als sie in das Musikzimmer kommen. Es steht eben nicht Mathe auf dem Stundenplan, sondern Tanzen. Miteinander tanzen. Seit mehreren Wochen schon bereitet sich die Klasse auf ihren Abschlussball vor. Und Susanne Schnorf, Gründerin von «Dancing Classrooms Schweiz», kann sich auch an die erste Stunde der Klasse an der Zumiker Schule erinnern. Wenn den Kindern klar gemacht werden muss, dass man nicht stehenden Fusses Ausschlag oder fiese Pickel bekommt, wenn man einen Jungen, respektive ein Mädchen anfasst. In erster Linie geht es – na klar – ums Tanzen. Rumba, Foxtrott, Merengue, Line Dances und andere Schrittfolgen werden einstudiert. Doch dahinter steckt auch ein pädagogisches Konzept: den respektvollen Umgang miteinander lernen. Wer zusammen tanzen will, muss auf den anderen achten. 1994 wurde «Dancing Classrooms» in den USA – wo sonst – gegründet. Nicht alles, was von da zu uns schwappt – zurzeit gerade nicht –, ist nachahmenswert. Das Programm der tanzenden Schüler schon. Das fand auch Susanne Schnorf aus Zollikon, die das Konzept von der Pike auf in New York lernte und 2010 mit in die Schweiz brachte. Mit wachsendem Erfolg. Gerade aktuell sind drei neue Tanzlehrerinnen vor Ort, um später in der Schweiz «vor-ran-seit-ran» zu vermitteln. Zum dritten Mal allein war sie diesen Sommer schon in der Primarschule Zumikon zu Gast.

Auch das Vokabular hilft in der neuen Rolle

Ein Mädchen wirft seine langen Haare nach hinten und stellt sich vor ihren Gentleman. Die beiden nehmen die Tanzhaltung ein. Sobald nämlich getanzt wird, sind sie nicht mehr Mädchen und Buben, sondern Ladys und Gentlemen. Auch das Vokabular soll es den Schülerinnen und Schülern ermöglichen, in eine neue Rolle zu schlüpfen. Vielleicht zu vergessen, dass man sich gerade auf dem Pausenplatz noch bekämpft hat.

Doch «Dancing Classrooms» kann noch mehr. So mancher, der sich für unsportlich hielt, entdeckte sein Rhythmus-Gefühl, den Schwung in der Hüfte. Das kann sehr gut fürs Selbstwertgefühl sein – gerade in einem Alter, wo Sportlichkeit oft überbewertet wird. Das zeigt sich zum Beispiel beim Swing, wo beim «Boogie Walk» die Hände, Füsse, Hüften wackeln. Celina macht es ihrem Gentleman nicht leicht. Sie hat so viel Energie – selbst um diese Uhrzeit nach einem langen Schultag noch – dass der immer ein bisschen Verspätung hat. «Ihr müsst euch beim Tanzen die ganze Zeit in die Augen sehen», verlangt Susanne Schorf. Juan stöhnt: «Dann muss ich lachen.» Susanne Schnorf schmunzelt. Sie weiss, wie Schüler ticken. Sie war selber Lehrerin und eben begeisterte Tänzerin. Salsa und Merengue waren ihre Lieblingstänze. Mittlerweile ist ihr Unternehmen stetig gewachsen und trotzdem bemüht sie sich, selber auch immer noch zu unterrichten, nicht nur im Büro zu sein und die Administrationsarbeit zu erledigen.

Verbeugen contra Abklatschen: eine Frage des Benimms

Heute ist die zweitletzte Stunde vor dem grossen Abschlussball. Es geht nun auch darum, welches Paar jeweils einen Tanz alleine vorstellen darf. Da gehen die Meinungen auseinander. Manche wollen unbedingt ins Rampenlicht. Andere ­haben diesen «Ich-bin-gar-nicht-da-Blick» drauf. Feste Partner gibt es nicht. Immer mal wieder gibt die Tanzlehrerin den Befehl, dass jeder Junge eine Position weiter geht. Oft gibt es zur Begrüssung ein schräges Lächeln, eine kleine Grimasse. Es ist nicht leicht, höflich zu sein. Aber eben, um gutes Benehmen geht es auch in dem 10-wöchigen Kurs. So verbeugen sich manche nach dem Tanz voreinander. Andere klatschen sich mit «high five» ab.

Heute noch. Am Abschlussball wird das anders sein. Dann hat auch keiner mehr Turnschuhe an den Füssen oder ein Fussball-Trikot an. Die Ladys werden Kleider tragen, die Gentlemen Stoffhose und Hemd – mindestens. Und mit so einem Stück schönem Stoff fällt einem gutes Benehmen schon viel leichter. Kleider machen auch Tänzer und Tänzerinnen. (bms)

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