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02/2019 Filmkritik «Burning»

Von adminZoZuBo ‒ 23. Januar 2019

«Der Protagonist hat immer einen Knacks»

Geheimnisvoll und unergründlich: Der diese Woche anlaufende Spielfilm «Burning» beruht auf einer Kurzgeschichte des japanischen Schriftstellers Haruki Murakami. 

Südkorea. Heutige Zeit. Eine Stadt namens Paju, direkt an der Grenze zu Nordkorea. Jong-su ist ein junger Mann, der sich mit Gelegenheitsjobs über Wasser hält und davon träumt, Schriftsteller zu werden. Bei einer dieser Arbeiten trifft er per Zufall auf die ebenso junge Hae-mi, die er aus Kindheitstagen kennt. Der etwas verträumte und passive junge Mann lässt sich von der hübschen und kecken Tänzerin aufreissen, und eine ebenso zarte wie geheimnisvolle Liebesgeschichte beginnt.

Haruki Murakamis Kurzgeschichte «Scheunenabbrennen» aus den frühen 80er-Jahren diente als Grundlage für «Burning», bei dem der renommierte Südkoreaner Lee Chang-dong nach längerer Zeit wieder Regie führte. Entsprechend hoch waren die Erwartungen der «Community», die der Film voll und ganz erfüllt. Vielfach ausgezeichnet, unter anderem beim Filmfestival in Cannes 2018 als bester Film im Wettbewerb, zeichnet er ein Bild der heutigen Jugend zwischen Einsamkeit und dröhnender Unterhaltung, zwischen emotionaler Leere und rauschhaftem Genuss, zwischen freiem Fall und dem Wunsch nach Gehaltensein. Wiederholt äussert Hae-mi, gespielt von der Newcomerin Jeon Jong-seo, im Film denn auch den Wunsch, gefunden zu werden.

Zwischen Traum und Realität

Die Geschichte selber nimmt ihren Lauf. Die junge Hae-mi ist, wie so viele Jugendliche, auf der Suche nach dem Sinn des Lebens, und begibt sich dafür auf eine Reise nach Kenia. Sie bittet Jong-su (gespielt von Yoo Ah-in), der inzwischen ihre Wohnung kennengelernt hat, während ihrer Abwesenheit für ihre Katze zu sorgen. Dieser sagt zu, bekommt aber die Katze nie zu Gesicht. Gleichzeitig ist er jedes Mal, wenn er ihre Wohnung betritt, sonderbar erregt. Als er nach einiger Zeit Hae-mi am Flughafen abholt, hat sie den um wenige Jahre älteren Ben (gespielt von Steven Yeun) im Schlepptau, den sie offenbar auf ihrer Reise kennengelernt hat. Es stellt sich heraus, dass dieser anscheinend sehr vermögend und beruflich erfolgreich ist. Also genau das Gegenteil von Jong-su. Eine Attraktion, der sich Hae-mi schwer entziehen kann, sodass eine sonderbare Dreiecksgeschichte beginnt. Teilweise ist fernöstliche Mimik eher etwas schwer für uns westliche Menschen zu entschlüsseln, aber mindestens äusserlich scheint Jong-su vorerst keine Eifersucht zu zeigen. Erst an den beleidigenden Worten, mit denen er das empfindsame Mädchen später – und nicht das erste Mal – verletzt, wird sein inneres Brennen für den Zuschauer erkennbar. Und es ist wohl kein Zufall, dass er bei einer anderen Gelegenheit über sein eigenes Schreiben festhält, dass der Protagonist immer einen Knacks habe.

«Burning» ist kein Film für ein an Action und purer Unterhaltung orientiertes Publikum. Er zielt vielmehr auf geduldige und an subtiler Filmkunst interessierte Zuschauer. Der wunderbare Film lässt viele Lesarten zu und gleichzeitig vieles für immer offen – wie es auch bei vielen Geschichten Murakamis der Fall ist. In Erinnerung bleiben aber für immer die düsteren, vielleicht winterlichen Bilder, welche auch die Beklemmung der Protagonisten erahnen lassen.

Unser Filmkritiker meint: **** von 5 Sternen!

 

«Burning», Drama, Mystery. Läuft seit dem 10. Januar 2019 in den Zürcher Kinos.
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