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14/2019 Ein sattelfester Geschichtenerzähler

Von adminZoZuBo ‒ 4. April 2019

Ein sattelfester Geschichtenerzähler

Genauso gerne wie er selber Bücher schreibt, liest er sie auch: Werner Vogt in seinem Sitzungszimmer in Zumikon. (Bild: mmw)

Was haben Doris Leuthard, Winston Churchill und Nelson Mandela gemeinsam? Ihre Biografien oder Bücher, in denen sie eine Hauptrolle spielen, stammen aus der Feder von Werner Vogt. Einem Kommunikationsexperten, der sein Herz an Südafrika verloren hat und der immer wieder gerne in den Sattel steigt. So wie kommenden Montag am Sechseläuten.

Völlig unabhängig, ob sich das Wetter am Montag von seiner schönsten Seite zeigt oder aber dicke Wolken Zürichs Himmel bedecken werden, einer, der ganz bestimmt über beide Backen strahlen wird, ist Werner Vogt. Wie alle Zünfter ist er bereits voller Vorfreude aufs «Sächsilüüte», doch gilt seine Freude nicht nur dem Frühlingsfest alleine. Sie gilt auch Hardy, auf dessen Rücken Werner Vogt durch Zürichs Strassen reiten und zum krönenden Abschluss um den brennenden Böögg galoppieren wird. Am Zürcher Frühlingsfest geniesst der Küsnachter nicht nur das gesellige Zusammensein und die Kameradschaft innerhalb seiner Zunft, sondern frönt auch seiner Leidenschaft: dem Reiten. Der heute 58-Jährige ist das erste Mal vor 28 Jahren in den Sattel gestiegen und das Jahre, bevor er das Aufnahmeprozedere zur Zunftmitgliedschaft in Angriff genommen hat. Ein Mann anfangs dreissig, der zum Reiten findet? Was nach romantischem Beginn einer grossen Liebe klingen mag, war viel mehr ein schmerzhafter Verlust. Eine Liebe, die er gehen lassen musste. Werner Vogts erste Frau verstarb wenige Jahre nach der Heirat in jungen Jahren. «Im Fitnessclub, in dem ich damals trainierte, war ein Reitkurs für Anfänger ausgeschrieben», erzählt der Kommunikationsexperte, der in Zumikon eine auf seinen Namen lautende Kommunikationsagentur führt, «da habe ich mich ganz spontan eingeschrieben.» Das Reiten habe für ihn eine therapeutische Wirkung gehabt: «Ein Pferd braucht einen Chef, es zwingt einen, nach vorne zu schauen, sich zusammenzureissen. Das war genau, das, was ich brauchte und was mir half.»

Ein paar Jahre später ist Werner Vogt dann auf Anraten des Vaters seiner zweiten Frau zur Reitergruppe der Zunft Hottingen gekommen, denn seinem spät entdeckten Hobby blieb er treu. Es begleitete ihn gar auf seiner beruflichen Laufbahn, die ihn Mitte dreissig für fünf Jahre als Korrespondent der NZZ nach Südafrika führte. Aus dem Land, wo «die Uhren gänzlich anders gehen als bei uns», wie Werner Vogt sagt, berichtete er über dessen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. Den afrikanischen Kontinent kennengelernt – neben Südafrika auch die meisten anderen Staaten des südlichen Afrikas – hatte der begeisterte Reiter häufig auch im Sattel. «Auf Reitsafaris tankte ich Energie.» Es gebe kaum Worte, um die Natur dieser Länder zu beschreiben, sie sei einfach unvergleichlich. «Ich sah dort das Schönste, was die Erde und die Menschheit zu bieten hat, aber auch das pure Gegenteil davon.» Auch heute zieht es Werner Vogt immer wieder an seinen früheren Wirkungsort. Als Reiseleiter vermittelt der Historiker und Afrikakenner seinen Mitreisenden die Hintergründe von Südafrikas Geschichte.

Traumberuf in Südafrika

Seine beruflichen Sporen verdiente sich Werner Vogt während und nach seinem Geschichtsstudium im Journalismus ab. Erst als freier Mitarbeiter war er dann bald als «rasender Lokalreporter» unterwegs. Ob Kammermusikabend, Kunstausstellung oder Kläranlage, fürs damalige Badener Tagblatt berichtete er darüber, was in Baden und Wettingen über die lokale Bühne ging. 1990 sattelte er zur NZZ um, wo er in fünf Jahren Koordinationsarbeit bei der Auslandredaktion Ordnung ins kreative Chaos des Korrespondentenapparats brachte, wie er erzählt. Bevor es als Auslandkorrespondent nach Südafrika ging, verbrachte Werner Vogt, der seine Dissertation über Churchill schrieb und später auch dessen Biografie zwischen zwei Buchdeckeln festhielt, Zeit im Land des ehemaligen Premierministers, in London. Danach folgte sein «absolutes berufliches Highlight», wie der Vater zweier erwachsener Töchter von seiner Südafrika-­Zeit schwärmt. «Mit den beiden Friedensnobelpreisträgern Frederik Willem de Klerk und Nelson Mandela konnte ich zwei Giganten der Zeitgeschichte in ihrem täglichen Wirken beobachten, beschreiben und kommentieren.» Die Begegnungen mit ihnen seien mehr als nur eindrücklich gewesen. Besonders in Erinnerung bleibt ihm ein Interview mit Nelson Mandela, für das allen Journalisten zusammen 30 Minuten zugestanden seien. Werner Vogt aber brachte kurzerhand seine damals vierjährige Tochter mit zum Treffen, da er um die Kinderliebe des ehemaligen Staatspräsidenten wusste. «So wurde aus der halben Stunde dann anderthalb Stunden», erzählt er sichtlich stolz.

Die Wahrheit und nur die Wahrheit

Südafrika zu verlassen, fiel dem Küsnachter, dessen jüngste Tochter dort geboren ist, nicht leicht. Neben einer neuen Aufgabe zurück in der Schweiz habe auch die gravierende Sicherheitsproblematik seine Familie und ihn dazu gezwungen. «In Südafrika herrscht ein Chaosfaktor, wie wir ihn hier nicht kennen.» Zur Veranschaulichung erwähnt er die hier fürs Klima protestierenden Studenten: «In Südafrika werden Bibliotheken angezündet.»

Nach der Rückkehr ging es im ­gestreckten Galopp weiter: Als Pressechef der Schweizer Börse lernte Werner Vogt die Welt des ­Finanz- und Werkplatzes Schweiz kennen, wobei er mehrmals unter den Top-Ten-Pressesprechern der Schweiz im Rating der Handelszeitung gelistet war. Was eine gute Kommunikation für ihn ausmacht? «Sie muss ehrlich und faktenbasiert sein», sagt der Experte wie aus der Pistole geschossen, «etwas Schminke mag im Privaten ok sein, in der Unternehmenskommunikation geht sie zu weit.» Im Kontakt mit der Presse, sagt der langjährige Journalist, werde nicht gelogen, das sei immer sein wichtigstes Credo gewesen. «Sagen, dass man nichts mehr sagt, ist in Ordnung, aber gelogen wird nicht.» Einen grossen Traum hat sich Werner Vogt vor acht Jahren mit seiner Firmengründung verwirklicht. Heute unterstützt er KMU und deren Chefs in ihrer Kommunikation. Auf eigene Faust tätig zu sein, habe ihn schon immer gereizt, auch wenn es mitunter nicht immer einfach sei und bei Sparrunden häufig in der Kommunikation gespart werde. «Natürlich kann auch ich aus keinem Ackergaul ein Rennpferd machen», sagt Werner Vogt und lacht, «und doch bin ich überzeugt, dass mit gutem Medientraining ein jeder Chef vors Publikum treten kann und seine Sache überzeugend an den Mann und die Frau bringt.»

Parallelen zu Staatsmännern

Seine grosse Passion, das Schreiben und Geschichtenerzählen, lebt der ehemalige Redaktor nicht nur in seinem Beruf aus, wenn er für Führungskräfte als Ghostwriter Reden schreibt. Fast im Jahresrhythmus gibt er auch ein Buch heraus. Erst kürzlich hat er einen Blick hinter die Kulissen der Fluggesellschaft Swiss geworfen. Sein jüngstes Buch aber ist die im Weltbild-Verlag erschienene Biografie «Die Staatsfrau mit Charme und Charisma» der letzten Herbst zurückgetretenen Bundesrätin Doris Leuthard. Neben den Büchern über die Staatsmänner Churchill und Mandela und deren Länder mag diese überraschen, für Werner Vogt aber haben die drei durchaus Gemeinsamkeiten: «Ihre ausserordentliche Leistungsfähigkeit und mentale Stärke. Die einen haben damit Weltgeschichte geschrieben, die anderen die Geschichte des eigenen Landes mitgeprägt und zum Positiven gewendet.» Natürlich habe die ehemalige Bundesrätin nie die gleichen Prüfungen wie Nelson Mandela oder Winston Churchill durchlaufen müssen, aber auch sie habe grosse Hindernisse überwinden müssen, sei doch ihre Partei, die CVP, nach der Abwahl von Ruth Metzler in lausigem Zustand gewesen. «Das Tempo ihrer Karriere, ihr Aufstieg zu einer der populärsten Bundesrätinnen hat mich stets beeindruckt», sagt Werner Vogt, der der ehemaligen Bundesrätin eine ausserordentliche kommunikative Begabung zuschreibt.

Und so zog der Kommunikationsprofi alle Register und es gelang ihm, die Staatsfrau zu überzeugen, dass bereits zu Lebzeiten und pünktlich zu ihrem Rücktritt eine Biografie von ihr vorliegen sollte. Auch wenn man sich, wie Werner Vogt fröhlich bemerkt, im Bundesrat wohl nicht gerade beliebt macht damit. Er aber ist sich sicher, mit ihr aufs richtige Pferd gesetzt zu haben – für ihn eines der besten im Bundesrats-Stall. (mmw)

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