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Eine schweisstreibende Angelegenheit

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 6. Dezember 2019

Samichlaus und Schmutzli geben einen Einblick in ihre harte Arbeit.

Heute ist sein Abend: der Samichlaus wird in vielen Stuben schon sehnlichst erwartet. (Bild: bms)
Heute ist sein Abend: der Samichlaus wird in vielen Stuben schon sehnlichst erwartet. (Bild: bms)

Während des Jahres tun sie so, als seien sie Banker, Handwerker, Gemeinderat oder Polizist. Heute zeigen sie ihr wahres Gesicht: der Samichlaus und sein Schmutzli. Der Zolliker Zumiker Bote hatte das grosse Glück, die beiden – an einem geheimen Ort im Zumiker Wald – zu treffen und zu interviewen.

Lieber Samichlaus, lieber Schmutzli: Einer ist lieb, einer hat die Rute. Man könnte meinen, ihr würdet nach dem Prinzip «good cop, bad cop» arbeiten.

Schmutzli: Das war vielleicht früher so. Da sind die Lausbuben noch hinter mir hergelaufen und haben mich geärgert. Da musste ich schon mal die Rute herausholen.
Samichlaus: Ausserdem haben auch wir Chläuse uns pädagogisch natürlich weitergebildet und gelernt, dass Strafen von Erziehungsratgebern mittlerweile abgelehnt werden.

Die Zumiker Chläuse sind mittlerweile in der dritten Generation unterwegs. Tragt ihr auch noch die Mäntel der ersten Stunde?

Samichlaus: Wir haben sie noch, müssen sie aber nicht mehr tragen. Fleissige Helferinnen haben neue für uns genäht. Das Dasein als Chlaus ist nämlich eine ziemlich schweisstreibende Angelegenheit.

Weil ihr den schweren Sack tragen müsst?

Samichlaus: Dafür habe ich ja den Schmutzli. Aber wir kommen immer aus der Kälte und dann geht es in die warme Stube. Dort brennt dann noch ein Feuer im Cheminée und der Samichlaus soll sich direkt daneben setzen. Dann wird es schon muckelig warm unter dem dicken Stoff.
Schmutzli: Ich bin natürlich weit mehr als nur der Schleppesel. Auch in unserer Branche wird mittlerweile mit flachen Hierarchien gearbeitet. Studien haben gezeigt, dass Mitarbeiter motivierter sind, wenn sie auch mehr Verantwortung tragen dürfen und nicht nur schwere Säcke.
Samichlaus: Und wenn ich die Schrift im goldenen Buch mal nicht lesen kann, dann springt der Schmutzli ein. Das ist ganz wichtig für sein Selbstwertgefühl.
Schmutzli: Und wenn dann der eigentlich Böse etwas Gutes über das Kind sagt, wirkt das viel mehr.
Samichlaus: Das glaubst du.

Ein anderes Thema: Früher ging es mit dem Esel von Hof zu Hof. Das ist logistisch nicht mehr möglich, oder?

Samichlaus: Ja, früher, da war Zumikon noch ein Dorf. Aber jetzt wohnen hier so viele Kinder. Da müssen wir mobiler sein. Wir haben sogar versucht, den Esel im Wagen mitzunehmen. Aber das wurde dann sehr eng.
Schmutzli: Ausserdem riecht der sehr streng. Also, der Esel.

Die Eltern erhoffen sich von eurem Besuch doch Hilfe in der Erziehung, oder?

Samichlaus: In der Tat. Wenn wir aber einem dreijährigen Kind sagen sollen, dass es nicht so oft am Smartphone der Mutter spielen soll, wundern wir uns doch sehr.
Schmutzli: Was ist eigentlich ein Smartphone?
Samichlaus: Das musst du nicht wissen. Du bist für Nüsse und Mandarinen zuständig. Wir arbeiten nach dem Prinzip der positiven Verstärkung. Wenn ein Kind nicht richtig aufräumt, verweisen wir darauf, wie schön es doch ist, wenn alle Sachen an ihrem Ort sind und man nicht immer suchen muss.
Schmutzli: Wo sind eigentlich meine Nüsse?

Was ist das Schöne am Leben als Chlaus?

Samichlaus: Die leuchtenden Kinderaugen. Ehrfurcht und Respekt, der einem entgegengebracht wird. Selbst grössere Kinder, die behaupten, dass es uns nicht gebe, werden wieder unsicher. Und nach der ersten Scheu bekommen wir schöne Versli aufgesagt und Lieder vorgesungen oder gespielt. Viele Kinder haben auch Bilder für uns gemalt oder etwas gebastelt. Damit dekorieren wir dann unser Chlaushaus.
Schmutzli: Und natürlich werden uns auch feine Getränke angeboten. Leider müssen wir immer ablehnen. Mit unseren Rauschebärten kann man nicht gesittet trinken. Und ein Röhrli können wir natürlich nicht nehmen. Wie würde das denn aussehen? Da ist der Respekt doch sofort den Bach runter.

Ihr seid aber schon auf Hintergrundinformationen durch die Eltern angewiesen, oder?

Samichlaus: Früher haben die Mädchen und Buben brav draussen gespielt, da konnten wir uns das ganze Jahr notieren, wer andere ärgert. Aber jetzt sitzen sie alle drinnen und spielen an der Playstation, am Tablet oder whatsappen. Da wird es schwieriger mit der Recherche.
Schmutzli: Und wenn wir als zwei alte Männer unsere Nasen an den Fenstern der Kinderzimmer platt drücken, sieht das ja auch komisch aus. Aber ich würde gerne mal Siri und Alexa kennenlernen, das scheinen zwei äussert beliebte Meitli zu sein. Alle fragen ständig nach denen.

Heute Abend wird es bestimmt ganz schön stressig für euch.

Samichlaus: Das ist alles eine Frage des Zeitmanagements.
Schmutzli: Genau. Weisst du noch, als wir zurück im Chlaushaus waren und unsere Helferinnen staunten, dass wir aber sehr schnell wieder zurück seien, dafür dass wir vier Familien hätten besuchen sollten, wir aber nur bei drei gewesen waren? Wir werden ja auch nicht jünger. Aber immerhin haben wir die dann doch noch besucht. War halt spät.

Gibt es eigentlich auch weibliche Chläuse?

Samichlaus: Wir hatten tatsächlich mal eine Bewerberin. Mittlerweile gibt es ja sogar Frauen in Führungsetagen und im Ständerat. Also haben wir es auch versucht. Aber die angehende Chläusin hat selber gemerkt, dass das kein Amt für sie ist.
Schmutzli: In unserem Chlaushaus hat es keine eigenen Räume für Frauen. Übrigens auch keine für Diverse.

Und schon müssen Samichlaus und Schmutzli los: Die ersten Kinder warten schon…

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