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Die grosse Welt der kleinen Kunst

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 16. Januar 2020

Mehr als 80 Künstlerinnen und Künstler beweisen in der Ausstellungsreihe «Das kleine Format» viel Sinn für das Detail.

«Tierisch» heisst das diesjährige Motto der Ausstellungsreihe «Das kleine Format». Die Ausstellung ist noch bis am 2. Februar in der Villa Meier-Severini zu sehen. (Bilder: bms/chi)
«Tierisch» heisst das diesjährige Motto der Ausstellungsreihe «Das kleine Format». Die Ausstellung ist noch bis am 2. Februar in der Villa Meier-Severini zu sehen. (Bilder: bms/chi)

Ein Bild in der Grösse von vier Quadratmetern beeindruckt schnell, das kann sogar monochrom daherkommen. Aber auf kleinem Raum Kunst zu schaffen, die überrascht, fasziniert und irritiert, das ist schon viel komplexer. Und doch schaffen das die Künstlerinnen und Künstler der Reihe «Das kleine Format» immer wieder. In diesem Jahr geht es in der Villa Meier-­Severini dem Motto der aktuellen Ausstellung getreu «tierisch» zu. Auffallend ist: Die Technik hat in der traditionellen Ausstellungs­reihe noch kaum Einzug gehalten. Lediglich zwei Video-Animationen sind zu sehen. Da ist eine badende Taube von Arlette Sormani und die Installation «Hundeleben» von Walter Lüönd. In einer Katzenkiste flimmern bedrückende Bilder von Hunden über den Bildschirm. Allesamt sind an der Leine, werden gezogen, müssen auf dünnen Beinen dem Herrchen hinterhereilen. Fröhlich und frei sieht keines der Tiere aus.

Glubschige Anblicke

Da wirken die austreibenden Kartoffeln von Andy Fischli mit ihren Keimen und Wucherungen schon lustiger. Ganz lebendig erobern sie die Welt. Madenartig machen sie vor nichts Halt. Und die kleinen runden roten Aufkleber neben den Werken bezeugen, dass das gut ­ankommt. Sie bedeuten, dass das Werk bereits verkauft ist. Fast ­beobachtet fühlt sich der Betrachter vor den Bildern von Claudia Brändle-­Villiger. Glubschig und fast vorwurfsvoll gucken die Tiere von der Leinwand. Im Gegensatz dazu stehen die Werke von Bruno Kiefer: Er setzt ganz auf die Menge. Seine Schweine und Vögel sind so akkurat und dicht gedrängt gemalt, dass sie zu einem Ornament verschmelzen. Nur aus Distanz werden die Umrisse der einzelnen Tiere sichtbar. Ganz filigran sind die Skulpturen von Werner Angst: Seine ­bewegten Objekte mit kleinen Drahtvögeln drehen sich auf Knopfdruck. Doch so lebendig sie auf den ersten Blick wirken, beim genauen Betrachten wirken sie wie Skelette, wie ein Gruss aus dem Totenreich. Es ist die Vielfalt, mit der die Ausstellungsreihe immer wieder fasziniert. Da die Anzahl Exponate pro Künstlerin und Künstler begrenzt ist, kommen viele unterschiedliche Kunstschaffende und Stile zum Zug, sodass für jeden Besucher etwas dabei ist. Die Bandbreite geht von den Objekten von Alice Heri und Heini Fümm, die mit Material wie Rosshaar, Kuhmist, Knochen oder auch Krötenhaut arbeiten, bis zu den «Abgründen» von Markus Rey, der Gummibärchen und Coca Cola mit knalligen Farben aufs ­Papier gebracht hat.

Da gibt es Zeichnungen von Heidy Vital und Dani Bosshard, bei denen der Betrachter zunächst arrogant denken mag: «Das kann ich auch.» Er würde scheitern. Die Tiere erinnern zunächst an Kinderzeichnungen, an Gekritzeltes. Auf den zweiten Blick wird klar, wie gekonnt mit Farbe und Form gespielt wird. Verspielt wirken auch die Hasen-Skulpturen von Ruth Baldinger aus Eisen und Beton. Skurril wird es im Raum nebenan. Susann Dubs zeigt überraschende Erfindungen wie etwa eine Katzenhängematte. Ebenso witzig sind die Bilder von Alexandra Mia Monkewitz: Da gibt es den Soldaten mit Spielzeugpferd und tätowierte Fische. Humor beweist schliesslich Tobias Rüeger, der ein Marienbild im Wald platziert und die überraschte und verwunderte Reaktion von Rehen festgehalten hat.

Ameisen und Autos

Die Tatsache, dass viele Automodelle nach Tieren benannt sind, greift Bruno Hasler auf: Er zeigt eine Ente, einen Käfer, einen Panda und einen Mustang eben in Autoform. Direkt daneben ziehen die Ameisen von Andreas Mantel ihres Weges. Sie wurden jeweils aus einer einzigen Schraube geschmiedet. Grundsätzlich sind in diesem Jahr die filigranen, schüchternen Werke in der Überzahl. Das beginnt mit den feinen Collagen und Zeichnungen von Tatiana Witte im Treppenaufgang. Das zeigt sich bei den Draht-Vögeln von André Rämi und ganz besonders in den Fotografien von Markus Kägi. Mit einem Blick fürs Detail hat er wundervolle Momente festgehalten. Das sind einfach Pfotenabdrücke im Schnee oder auch ein Fell, das im Gegenlicht fotografiert wurde, sodass jedes Haar sichtbar wird und die Hand sofort darüber streicheln möchte.

«Das kleine Format» bietet jedes Jahr nicht nur Kunst, sondern kommt auch immer mit überraschenden Begleitveranstaltungen daher. Und so konnte Organisatorin Andrea Pfister am vergangenen Sonntag das Duo KlangHeimlich begrüssen. Von allen Seiten mussten noch Stühle herbeigetragen werden, so gross war das Interesse am Familienkonzert – trotz schönsten Sonnenscheins draussen. Das Duo entführte mit seinen Flöten und Pfeifen (und mit passenden Kostümen und Masken) in die bunte Vogelwelt. Es war ein einziges Getriller und Gezwitscher in der Luft. Fast spürte man den Frühling nahen. Am kommenden Sonntag geht es dagegen den Fischen an die Kiemen. Peter Pfister wird sie frisch durch die Druckpresse drücken.

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