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Ich war mit Lady Di und Prinz Charles in Davos

Von Tobias Chi ‒ 14. Februar 2020

Ferien gehen meistens viel zu schnell vorbei. Was von ihnen übrig bleibt, sind Erinnerungen. Unsere Redaktionsmitglieder erinnern sich an ihre Sportferien, die sie als Dreikäsehochs in verschiedenen Skigebieten zu verschiedenen Zeiten unter verschiedenen Umständen verbracht haben.

Mit zwei Brettern unter den Füssen lebt sich’s leichter. (Bild: privat)
Mit zwei Brettern unter den Füssen lebt sich’s leichter. (Bild: privat)

Unsere alljährlichen Sportferien in Davos begannen schon auf der ­Autofahrt dorthin, genauer gesagt am Walensee. Hier war der Stau, den die Skitouristen aus Zürich verursachten, ebenso voraussehbar wie die Quengelei, die meine Schwester und ich in der stehenden Autokolonne veranstalten würden. Also sorgte unsere Mutter vor und stellte uns jeweils eine «Walensee-Überraschung» in Aussicht. In der Regel handelte es sich um eine ­Kasperli- oder Pumuckl-Kassette, die uns bis zum Ende des Staus, bestenfalls sogar bis zum Ziel bei Laune halten würde.

In den Gängen unseres Hotels herrschte ein magischer Geruch aus neuen Spannteppichen, Schuhcreme und Terpentin. Unsere Zimmer hatten Wände mit Korkverkleidung, der Balkon bot einen guten Blick auf die Eishalle, in die mich mein Vater manchmal zu Spielen des HC Davos mitnahm. Jeden Abend stand Schnipo auf meinem Speiseplan, für Unterhaltung sorgten ein Geiger und ein Hackbrettspieler, die den Speisesaal des Hotels mit schwülstigen Melodien füllten. Es waren die 1980er-Jahre, und vieles war besser, als es später aussah.

Widersprüchliche Erinnerungen

Jetzt aber ab auf die Piste. Na ja, zuerst an den Hang, präziser zum «Idiotenhügel» am Bolgen, wo meine Schwester und ich lernten, wie man Stemmbögli fährt. Ich muss zugeben, dass mir von dieser frühen Zeit als Skifahrer wenig hängen geblieben ist. Daraus liesse sich schliessen, dass ich vieles verdrängen musste. Meine Schwester, mit der ich mich in Vorbereitung dieses Beitrags ausgetauscht habe, erinnert sich an Skirennen, bei denen sie immer als letzte und ich immer als zweitletzter über die Ziellinie gefahren sei. Das widerspricht allerdings meiner einzigen klaren Erinnerung an die Skischule, nämlich dass ich bei einem Skirennen einmal den Bronze-Podestplatz erreichte.

Wie dem auch sei: Irgendwann konnten wir sturzfrei einen Hügel hinunterfahren, was uns qualifizierte, den Bolgen zu verlassen und die Pisten der Erwachsenen unsicher zu machen. Auch wenn ich gerne Ski fuhr, erinnere ich mich weniger an Abenteuer auf den Brettern als an manche Details am Pistenrand. Deutlich vor Augen steht mir etwa der Spielautomat im Gipfelrestaurant Rinerhorn, in den ich mein ganzes Taschengeld steckte. Das Game hiess «Moon Patrol» und war ein Gipfelmoment der 8-Bit-Ära. Ich erinnere mich an Skiliftfahrten, bei denen ich mich – Gott weiss, warum – hinter dem Bügel anhängte, als führe ich Wasserski. Auch kommt mir in den Sinn, dass wir auf einer Sonnenterrasse einmal «Selfies» mit Lady Diana und Prinz Charles im Hintergrund schossen – was aufgrund des verschollenen Fotomaterials leider eine reine Behauptung bleibt.

Die Kunst des Grimassierens

Apropos Fotos: Mein Vater war ein leidenschaftlicher Knipser und ich ein undankbares Sujet. Weil ich es hasste, fotografiert zu werden, entwickelte ich die Strategie, just im richtigen Moment eine Grimasse zu schneiden, was zu zweierlei führte, nämlich dass von mir kaum ein «normales» Foto aus jener Zeit existiert, und dass sich zweitens der Spruch «Mach kei Faxe, Bueb!» in unserer Familie zum stehenden Ausdruck entwickelte. Die Dinge verkomplizierten sich, als mein ­Vater eine Videokamera anschaffte. Ich erinnere mich an eine exemplarische, auf Film gebannte Szene, in der ich einen Hügel hinunterbrettere. Je näher ich der Kamera komme, desto deutlicher ist mein clownesk verzogenes Gesicht zu erkennen.

Was für meinen Vater genauso anstrengend gewesen sein musste wie für mich, fand bald darauf ein Ende, weil allmählich die Pubertät einschlug und mein Interesse an Familienferien schwand. Es war der Abschluss einer goldenen Zeit, in der vieles besser war, als meine Mimik auf Fotos von damals vermuten lässt.

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