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Der erste Tag in der Mama-Schule

Von Zolliker Zumiker Bote ‒ 20. März 2020

Die Schulen in der Schweiz bleiben mindestens bis zum 4. April geschlossen. Der Unterricht findet nun zu Hause statt. Bei der Zolliker Familie Luft war der erste Schultag in der Homeschool ein einziges Auf und Ab.

Nun findet die Schule im eigenen Kinderzimmer statt: Helenes Schreibtisch. 
Nun findet die Schule im eigenen Kinderzimmer statt: Helenes Schreibtisch.

Es ist 8.30 Uhr – die Schulglocke läutet. Weil seit Montag alles anders ist als sonst, ist dies nicht der Gong der Oescher-Schule, sondern ein kleines Messingglöckchen. Zum Unterricht erscheinen nur drei Kinder: Wilhelm, Helene und Johann. Wie alle anderen ­Kinder in der Schweiz haben sie nun keinen Unterricht in der Schule mehr – voraussichtlich bis nach den Osterferien. Ein Fünftklässler, eine Zweitklässlerin und ein Chindsgi-Kind, das Wohnzimmer ist das Schulhaus, der Garten ist der Pausenplatz. So sieht Unterricht in Zeiten einer Pandemie aus.

Homeschool, Homeoffice

Am Freitag hat der Bundesrat verfügt, dass alle Schulen in der Schweiz bis zum 4. April geschlossen bleiben. Wilhelm hat daraufhin schnell all seine Hefte, Bücher und das Tablet aus der Schule geholt. Helene hat keine Schulunterlagen zu Hause. Informationen darüber, was die Kinder wann für den Unterricht machen sollen, gibt es am Montag noch nicht. Daher ist Mama heute auch die Direktorin der Mama-Schule und in den ersten beiden Stunden steht Mathematik auf dem Stundenplan. Mit Aufgaben von Lernplattformen im Internet und Weiterarbeiten am Matheplan lassen sich zwei Schulstunden gut füllen. Mama kontrolliert Wilhelms Aufgaben (mithilfe des Lösungshefts), Wilhelm korrigiert Helenes Aufgaben. Alle haben Spass. Die grosse Pause findet auf der Strasse statt. Die Geschwister spielen friedlich miteinander. Als besondere Attraktion gibt es um die Ecke noch eine Baustelle mit vielen spannenden Baumaschinen im Einsatz.

Die Homeschool ist in diesen Tagen auch Mamas Homeoffice und auch da gibt es viel zu tun. Doch immerhin lenken die verschiedenen Aufgaben davon ab, sich Sorgen zu machen.

Die Verunsicherung ist gross

Es ist 15 Uhr. Das Schulglöckchen ertönt. Der erste Tag in der Mama-Schule ist vorbei. Wie viele noch folgen werden, das kann heute niemand sagen. Die Zürcher Bildungsdirektorin spricht schon von einer Verlängerung der Schulschliessungen. Am Abend kommt dann die nächste grosse Neuigkeit: Der Bundesrat stuft die Situation nun als «ausserordentliche Lage» ein. Der Freund, der zum Spielen da war, wird nach Hause geschickt. Bei den Kindern rollen Tränen. Sie machen sich Sorgen um die Grosseltern, möchten ihre Freunde wiedersehen, wollen zum Fussballtraining, weiter für das Schultheater proben. Jetzt muss man sich gegenseitig trösten und Mut machen. Ein Video-­Chat mit den Grosseltern und ein ausgiebiges Abendessen mit der ganzen Familie heben die Stimmung. Morgen steht Deutsch auf dem Stundenplan und in der Pause werden Waffeln gebacken. Wenn das etwas länger dauert, dann sitzen die Kinder eben etwas später wieder am Schultisch – in der Mama-­Schule bestimmen nämlich alle gemeinsam das Tempo.

Helene und Anne-Barbara Luft


«Ich vermisse meine Freunde»

Wilhelm (11) führt ein Interview mit seiner Schwester Helene (8) zum Thema Schule zu Hause.

Wilhelm: Was gefällt dir an der Mama-Schule?

Helene: Am meisten gefällt mir, dass ich mehr Zeit mit der Familie verbringen kann. Ich finde es gut, dass ich nicht zur Schule laufen muss und immer etwas essen kann, wenn ich mag.

Was ist in der Schule besser?

Ich finde es besser, dass man mit den Freunden zusammen sein kann. Ausserdem gefällt es mir besser, dass wir in der richtigen Schule mehrere Lehrer haben. Leider haben wir zu Hause keine Turnhalle, kein Schwimmbad und keinen TTG-Raum. Zum Glück habe ich aber viele Bastelsachen.

Wie ist der Tagesablauf in der Mama-­Schule?

Nach zwei Stunden am Morgen kommt die 10-Uhr-Pause. Danach nochmals zwei Stunden und dann gibt es Mittagessen. Meine Mutter gibt uns Aufgaben und wir lösen sie allein in unserem Zimmer. Manchmal korrigiert sie die Aufgaben oder du!

Wie fühlst du dich in der Mama-Schule?

Nicht so gut, weil ich meine Freunde nicht sehen kann. Ich vermisse es, in der Pause und zwischen den Schulstunden mit ihnen zu reden und spielen. Meine Freundinnen sind mir so wichtig. Aber ich fühle mich auch gut, weil ich meine Mutter und meine Brüder mehr sehe.

Was ist an der Pause besonders?

Die Pause in der Mama-Schule ist ganz besonders, weil man viel mehr machen kann. Man kann zum Beispiel auf der Strasse Skateboard fahren oder im Garten spielen. Meine Mutter macht uns ausserdem ein gutes Znüni.

Musst du mehr oder weniger arbeiten als in der richtigen Schule?

Bisher weniger, weil Mama uns mehr Pausen gibt und wir etwas später anfangen. Aber bald bekommen wir Aufgaben aus der richtigen Schule, dann wird es vielleicht wieder gleich viel wie vorher.

Möchtest du noch jemanden grüssen?

Ja, ich grüsse alle Kinder aus der Klasse von Frau Flükiger und alle Lehrer: Frau Flükiger, Frau Kupka Menzi, Frau Jans, Frau Gebs, Frau Chaudet, Frau Bende und Herrn Ferenczy.


6 Tipps, um die Homeschool zu überleben

(zusammengetragen von Wilhelm, Helene und Johann)

  • Aufstehen und anziehen, als hätte man ganz normal Schule.
  • So konzentriert arbeiten wie im richtigen Unterricht.
  • Lieblingsspielsachen wie Lego und Handy und iPad nicht auf dem Schreibtisch liegen lassen – vielleicht ausser Sichtweite aufheben.
  • In den Pausen mit den Freunden chatten, damit man sich nicht einsam fühlt.
  • Den Geschwistern ein bisschen bei ihren Aufgaben helfen (kann Spass machen!).
  • Die Situation ist für alle seltsam, also Rücksicht nehmen und nicht mit den Geschwistern streiten.
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