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Wie teuer darf günstig sein?

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 29. Mai 2020

Wohnungen der Neuen Baugenossenschaft Zollikon an der Neuackerstrasse sollen vergrössert und den Ansprüchen des Mietermarktes angepasst werden. Dies stösst nicht überall auf Verständnis.

Verschlossene Läden an der Neuackerstrasse 61
Verschlossene Läden an der Neuackerstrasse 61: Doch ganz leer sind die Gebäude zum Leidwesen der Baugenossenschaft nicht. (Bild: bms)

Die grösste Wut sei mittlerweile verraucht, gibt Ilse Zippermayr zu. Empört ist sie aber immer noch. Mehr als 50 Jahre hat sie in einer Wohnung der Neuen Baugenossenschaft Zollikon (NBZ) in der Neuackerstrasse gewohnt. An der Generalversammlung im Jahr 2019 habe die Genossenschaft dann angekündigt, dass alle Mieter der Hausnummern 59 und 61 im März auszuziehen hätten. «Uns wurde gekündigt, da angeblich renoviert werden sollte», erinnert sie sich. Gründe dafür habe es schon gegeben, so habe es an einigen Stellen geschimmelt. Doch seien auch im Dezember noch gar keine Baupläne vorgelegen. «Bei einem Termin vor dem Schiedsgericht in Meilen kam heraus, dass Anbauten geplant waren», erläutert Ilse Zippermayr weiter. Damit sei ihr klar geworden, dass sie nach der Umbauphase keinen Anspruch mehr auf ihre alte Wohnung haben würde. Was sie aber am meisten ärgert: Die meisten Wohnungen stehen seitdem leer. Zwei Mietparteien seien der Kündigung nicht gefolgt. «Aufgabe einer Genossenschaft ist es doch eigentlich, günstigen Wohnraum zu schaffen. Doch das Haus an der Neuackerstrasse 53 wurde abgerissen. Die neuen Wohnungen werden zu einem drei Mal höheren Preis als zuvor vermietet. Auf der anderen Seite fehlen die Mieteinnahmen der Häuser, die jetzt leer stehen.»

Ilse Zippermayr selber hat auf dem freien Markt eine neue Wohnung im Zollikerberg gefunden. «Und zwar für 1200 Franken weniger als ich in dem Neubau hätte zahlen müssen.»

Zahlbare Wohnungen anbieten

Die NBZ würde gerne aus den Häusern 59 und 61 an der Neuackerstrasse so schnell wie möglich ­Mieteinnahmen generieren. Und natürlich würden diese nach einer Grundsanierung und Vergrösserung teurer, doch mit dem Neubau an der Neuackerstrasse 53 sei das überhaupt nicht vergleichbar, führt Jürg Widmer aus. Er ist seit knapp vier Wochen neuer Präsident der Baugenossenschaft. Richtig sei, dass zwei Mieter durch den Schiedsspruch eine Verlängerung des Mietverhältnisses bis März bekommen hätten. «Durch die neuen Bauvorschriften sind die Wohnungen im Neubau um einiges teurer geworden. Genau deswegen wollen wir nun die vorhandene Bausubstanz nutzen und auch vergrössern. Wir richten uns damit an den Anforderungen und Bedürfnissen aus. Familien möchten zum Beispiel mittlerweile zwei Nasszellen», so der Präsident weiter. Zudem seien allen Mietern, die eine Kündigung erhalten hätten, andere freie Wohnungen der Zolliker Baugenossenschaften angeboten worden. «Alle anderen Genossenschaften haben frei werdenden Raum zunächst uns gemeldet», erinnert sich Jürg Widmer. «Unser Ziel ist es weiterhin, Familien bezahlbaren Wohnraum anzubieten und gleichzeitig die finanzielle Stabilität der Genossenschaft langfristig zu sichern.»

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