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«Ich erwarte das Unerwartete»

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 31. März 2021

Tipps für die Arbeitssuche und den Bewerbungsprozess mit all seinen Herausforderungen in einer modernen Welt.

Die Zollikerin Sandra Kolb hat aus der Not eine Tugend gemacht. (Bild: zvg)

Sandra Kolb hat aus der Not eine Tugend gemacht. Auf der Suche nach einer neuen beruflichen Herausforderung stiess sie auf Hindernisse. Sie sei überqualifiziert, zu teuer. Oftmals erhielt sie auch gar keine Antwort oder eine automatisierte Standardmail als Absage. «Gerade bei uns in der Region gibt es viele Hochqualifizierte, denen es gleich geht», unterstreicht die 41-Jährige. Kurzerhand entwarf sie einen Leitfaden, der ihr hilft, sich auf dem modernen Arbeitsmarkt zurechtzufinden. Im Interview gibt sie einige Tipps.

Wenn ich auf der Suche nach einer neuen Stelle bin: Womit beginne ich?

Legen Sie sich eine Suchstrategie zurecht. Was genau suche ich? In welcher Industrie oder Position habe ich die besten Chancen, einen Job zu finden? Was sind meine persönlichen Werte? Das Leben ist kein Ponyhof und am Ende des Monats wollen die Rechnung bezahlt werden. Trotzdem sollte man den Wohlfühlfaktor nicht unterschätzen. Dann muss man sich bewusst sein, dass die Suche gerade jetzt mehrheitlich online stattfindet. Das hat Auswirkungen auf die Bewerbungsdokumente und die Art des Networkings.

Wie wichtig ist Flexibilität und ­Mobilität?

Meiner Meinung nach wird das durch das Homeoffice immer unwichtiger. Auch nach der Pandemie wird weiter zu Hause gearbeitet. Viele Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben die Vorzüge entdeckt. Ich persönlich arbeite schon seit Beginn meiner Karriere auch virtuell.

Welche Bedeutung messen Sie dem Networken zu?

Meiner Erfahrung nach eine sehr grosse. Zum digitalen Networken gehört, dass ich mich so verhalte wie im realen Leben. Das heisst, ich gratuliere zum Geburtstag, zeige ehrliches Interesse, kann virtuell auch auf einen Kaffee vorbeikommen. Die Digitalisierung bietet hier viele Möglichkeiten. Dank meinem Netzwerk kam ich schon zu einigen Interviews.

Wie bereite ich mich auf ein Bewerbungsgespräch vor?

Informieren Sie sich über die Firma und die Gesprächspartner. Das gibt vielen Menschen die nötige Sicherheit im Interview. Ich komme aus dem Change-Management und erwarte immer das Unerwartete. Ich bereite mich deshalb auch mental vor. Die Unternehmen laden Sie gerade wegen Ihren Kompetenzen ein. Fokussieren Sie auf Ihre Stärken und bleiben Sie sich selber. Ausserdem ist jedes Interview auch eine Lernchance und unterstützt die persönliche Entwicklung.

Was verrate ich, wenn ich nach meiner Schwäche gefragt werde?

Das wurde ich so nie direkt gefragt. Ich würde aber eine schwierige Situation beschreiben und auch, wie ich sie gelöst habe.

Wie gehe ich mit einer Absage um?

Gesucht werden oft spezialisierte Generalisten. Also Experten, die trotzdem flexibel sind, alles können und im besten Fall noch jung und günstig sind. Daher gehören Absagen einfach dazu. Wichtig für mich ist, die Absage nachvollziehen zu können. Der Grund hat meist nichts mit mir persönlich zu tun und liegt ausserhalb meines Einflussbereichs. Liegt es dennoch in meiner Kontrolle, kann ich immer noch entscheiden, ob ich etwas ändern will oder nicht.

Sie raten zur Psychohygiene. Was meinen Sie damit?

Das Ziel mit Geduld und Ausdauer verfolgen, sich aber auch mal eine Auszeit erlauben und richtig abschalten – ob beim Joggen im Wald, in der Meditation oder beim Puzzeln. Dazu an sich selber glauben und sich seiner Grenzen bewusst sein – Freunde und Familie helfen da auch sehr.

Gerade durch das Homeoffice verwischen die Grenzen zwischen ­Arbeit und Freizeit. Wie sieht eine gute Work-Life-Balance aus?

Das muss jeder für sich entscheiden. Wichtig ist, dass man dem Tag eine feste Struktur gibt. Studien zeigen, dass auch Frauen nicht ­fähig sind zum Multitasking. Sie switchen häufiger von einer Aufgabe zur nächsten und wieder zurück. Ich kann durchaus mehrere Bälle jonglieren, bin aber effizienter, wenn ich eine Aufgabe nach der anderen erledige.

Ein Letztes: Ich erscheine auch zum Online-Interview nicht in der Jogginghose.

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