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Status: Es ist kompliziert

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 3. Juni 2021

Ein sachlicher Info-Abend beleuchtete die Vor- und Nachteile der Chirchbüel-Über­bauung. Die Diskussion folgt an der Gemeindeversammlung.

An der Chirchbüelstrasse stehen ein paar Einfamilienhäuser. Das könnte sich ändern – wenn die Bürger der Überbauung zustimmen. (Bild: bms)
An der Chirchbüelstrasse stehen ein paar Einfamilienhäuser. Das könnte sich ändern – wenn die Bürger der Überbauung zustimmen. (Bild: bms)

Befürchtet wurde eine Schlammschlacht, doch die Infoveranstaltung zur Überbauung Chirchbüel bot, was sie sollte und trug zur umfassenden Meinungsbildung bei. Einen grossen Anteil daran hatte Jürg Eberhard. Der ­Gemeindepräsident mahnte zu ­Beginn: «Die Diskussion findet an der Gemeindeversammlung statt. Halten Sie sich bitte mit Statements zurück. Bleiben Sie sachlich.»

Der Auftakt des Abends, den 50 Bürger im Gemeindesaal und mehr als 100 Interessierte per Livestream verfolgten, gehörte den Befürwortern. Jürg Eberhard erinnerte sich, dass er selbst als junger ­Erwachsener aus Zumikon wegziehen musste, weil er sich die Miete hier schlicht nicht leisten konnte. Marc Bohnenblust, Vorsteher Hochbau, blickte zurück auf die denkwürdige zweitägige Gemeindeversammlung im Jahr 2018, als die neue Bau- und Zonenordnung genehmigt wurde. Juror und Architekt Dieter Bachmann betonte einmal mehr die Qualität der geplanten Überbauung mit drei Bauten und 52 Wohnungen, und Rolf Geiger von der frisch ­gegründeten Wohnbaugenossenschaft schwärmte von einer Siedlung voller Leben mit ­Familien, älteren Erwachsenen, ­Coworking-Plätzen und attraktiv gestalteten Aussenräumen. Er stellte auch die Vermietungskriterien vor: Die Mieter werden zu Eigentümern; es werde keinen Investor geben, der Rendite erwirtschaften wolle. Die junge Genossenschaft «Weberei» wird gemeinnützig sein. Die Mieter werden auch den Vorstand der Genossenschaft bilden. Beim Überschreiten der Einnahmen bei einer Mietpartei über eine Dauer von mehr als zwei Jahren erfolgt die Kündigung mit einer Frist von einem Jahr. Das ­waren die Fakten.

Pro und Contra

Wie emotional das Thema ist, zeigte die Pro- und Kontra-Diskussion auf dem Podium zwischen Beat Hauri und Severin Krebs. Der Immobilienmakler Krebs räumte unumwunden ein, dass die geplante Überbauung Nachteile mit sich bringe. Diese seien aber in Kauf zu nehmen, da die aktuelle Altersstruktur in Zumikon bedenklich sei und dringend Familien mit Kindern anzuwerben seien. Er erinnerte daran, dass auch die Seldwyla-Bebauung seinerzeit grosse Ängste in Zumikon ausgelöst hätte, die sich nicht bewahrheitet hätten. ­Zudem stellte er sich hinter den Gemeinderat, der seine Absichten von Anfang an klar formuliert habe. Krebs betonte: «Der Dorfplatz wird von der Bebauung profitieren.»

Ganz anders sieht es Beat Hauri. «Zumikon ist ein Dorf und soll es bleiben», eröffnete er seine Argumentation. Auch wenn die ganze Schweiz wachse, sei Zumikon nicht verpflichtet, diese Expansionspolitik mitzutragen. «Wir schaffen neuen Wohnraum, aber nicht um jeden Preis.» Er erinnerte an das Baugrundstück am Kreisel und an den Bau des Gemeinschaftszentrums, der seinerzeit versetzt worden war, um den Ausblick zu erhalten. Seiner Meinung nach sei der Dorfplatz schon jetzt viel lebendiger als es der schattige Park der neuen Anlage je sein könne. Hauri verwies auch auf die Rolle von Rolf Geiger, der nicht nur die Wohnbaugenossenschaft «Wir sind Stadt­garten» vertrete, sondern als Leiter Entwicklung Ostschweiz bei der Halter AG angestellt sei.

Fragen auch per Chat

Das Duo auf der Bühne konnte ­viele Fragen beantworten. Auch die Bürger konnten ihre Sorgen und Argumente platzieren. Moderator Daniel Fritzsche leitete den Abend kompetent und objektiv. Auch die Technik funktionierte: Fritsche verlas die Fragen aus dem Live-Chat, die Bürger vor Ort konnten sich direkt an das Podium wenden. Die Fragen im einzelnen:

Gibt es einen Plan B, falls das Projekt auf der Gemeindeversammlung abgelehnt wird?

Nein. Dann wäre alles wieder offen. Es ist auch nicht möglich, an der Gemeindeversammlung Änderungsanträge wie eine Reduktion der Stockwerke zu stellen.

Warum sind die Gebäude so hoch?

Man habe sich bei der Planung an der Zukunft orientiert und nicht am Ist-Zustand. Grundsätzlich könnte niedriger gebaut werden. Dann würden aber die Mieten steigen.

Auf den Balkonen gibt es schon ab Mittag keine Sonne mehr. Ist das attraktiv?

Die Alternative wären Balkone zur Forchstrasse gewesen – eine schlechte Alternative. Auch wäre diese aus Lärmschutzgründen noch viel komplizierter geworden. Statt Balkone hätte es eher Glas­vitrinen gegeben. Durch die jetzigen Pläne gebe es eher eine Zuwendung zum Dorfplatz.

Warum opfern wir den Ausblick vom Dorfplatz in die Berge?

Gibt es ein Anrecht auf einen Ausblick? Immerhin werden im Gegenzug 52 bezahlbare Wohnungen für Familien geschaffen.

Im Fokus stehen immer die neuen Bewohner. Wo ist der Nutzen für die jetzigen Bewohner?

Es wird eine Durchmischung geben, die absolut notwendig ist. Zumikon ist überaltert. Schon in diesem Sommer muss wegen fehlender Kinder eine Kindergartenklasse geschlossen werden.

Werden Bäume für die Bebauung gefällt?

Das kann nicht mit Sicherheit beantwortet werden. Würden Bäume gefällt, gäbe es einen Ersatz.

26 Parkplätze sind zu wenig. Wird es zu einer Belastung in den umliegenden Strassen kommen?

Es werden vorrangig Mieter ohne Auto gesucht, ausserdem ist die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr bestens. Zusätzlich wird es eine Carsharing-Station geben und eine Ladestation für E-Bikes.

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