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Kirchen bündeln die Kräfte

Von Simon Bühler ‒ 1. Juli 2021

Der geplante Zusammenschluss der reformierten Kirchgemeinden Zollikon und Zumikon nimmt Form an. Letzten Montag erhielten die Kirchenmitglieder einen Einblick in den aktuellen Stand der Planung und konnten dabei auch ihre Sicht einbringen.

Sie treiben die Kirchenvereinigung voran: Zumikons Kirchen­pflegepräsident Malte Müller, Mediator Frieder Furler und Zollikons ­Kirchenpflegepräsidentin Hanni Rüegg. (Bild: sb)
Sie treiben die Kirchenvereinigung voran: Zumikons Kirchen­pflegepräsident Malte Müller, Mediator Frieder Furler und Zollikons ­Kirchenpflegepräsidentin Hanni Rüegg. (Bild: sb)

Trotz sintflutartigem Gewitter und dem Fussballspiel der Schweizer Nationalmannschaft versammelten sich rund 50 Interessierte in der Kirche Zollikerberg, um sich über den ­aktuellen Stand der geplanten Vereinigung zu informieren. Der pen­sionierte Pfarrer Frieder Furler, der das Projekt als externer Coach und Mediator begleitet, distanzierte sich gleich zu Beginn seines Input-Referates von dem Begriff «Fusion», dem gerne der Beigeschmack einer «Sparübung» anhafte. Es gehe bei dem Projekt keinesfalls um einen versteckten Personalabbau. Vielmehr wolle man auf die aktuellen Herausforderungen eine Antwort finden, wie die beiden Kirchgemeinden – die aufgrund des demografischen und gesellschaftlichen Wandels an Überalterung und Mitgliederverlust leiden – in Zukunft ihre Kräfte bündeln, Bewährtes bewahren, aber auch neue Wege beschreiten können. Um diese Wege auszuloten, waren die Besucherinnen und Besucher eingeladen, sich an vier Stationen über den aktuellen Stand der Arbeitsgruppen zu informieren und selber Inputs einzubringen.

Energie für neue Projekte

Während die beiden Pfarrerinnen zum Thema «Gottesdienst und ­Musik» eine Quartalsplanung skizzierten mit neuen Formaten wie Pop-Gottesdienste und Chorprojekte, stellte die Arbeitsgruppe «Familien und Jugend» Ideen zur Diskussion, wie sich Kinder, Jugendliche und Familien für eine aktivere Teilnahme am Kirchenleben gewinnen liessen. An einer dritten Station erläuterte Sozialdiakonin Silvia Nigg ihre Vision, wie auf den Feldern Gemeinschaft, Kultur, Seelsorge, Bildung und Spiritualität eine ­moderne Diakonie nahe am Menschen aussehen könnte, die selbst kirchenferne Kreise anspricht, gleichzeitig aber auch die älteren Kirchenmitglieder nicht vergisst. Diese äusserten die Befürchtung, bei einem Zusammenschluss künftig zwischen den kirchlichen Angeboten längere Wege zurücklegen zu müssen und regten einen Kirchen-Shuttle-Bus an. Die am stärksten frequentierte Station widmete sich dem Thema «Liegenschaften». Peter Fietz, der für die Kirchen­pflege Zollikon das Ressort Liegenschaften und Betrieb leitet, gab ­einen Einblick in das eindrückliche Portfolio, welches bei einem Zusammenschluss der Kirchgemeinden über 15 Liegenschaften ver­fügen würde. Neben je drei Kirchen und Kirchenzentren sind mehrere Pfarr- und Sigristenhäuser im Verwaltungsvermögen. Derweil werden das Pfarrhaus in Zumikon, ein Einfamilienhaus im Zollikerberg und zwei Mehrfamilienhäuser in Zollikon mit Rendite vermietet und dem soliden Finanzvermögen zugerechnet. Die unbebauten Leerflächen rund um die Kirche Zollikerberg befinden sich in der Bauzone und könnten mit Alterswohnungen für bedürftige Senioren bebaut werden, erläuterte Kirchenpfleger Peter Fietz die aktuellen Überlegungen.

Gesamthaft hat die Kirchgemeinde Zollikon ein Nettovermögen von 8,4 Millionen, in Zumikon sind es 4,2 Millionen Franken, womit das Vermögen in beiden Gemeinden pro Kirchenmitglied über 2000 Franken beträgt. Mit den Renditen aus den Liegenschaften sowie den zu erwartenden Synergien bei Personal- und Sachkosten liesse sich bei einem Zusammenschluss der Kirchen «Energie für neue Projekte freisetzen», erklärte Zumikons Kirchenpflegepräsident Malte Müller. Es sei klüger, aus der Position der Stärke heraus einen Zusammenschluss zu suchen und neue Angebote zu entwickeln, bevor die Mitgliederzahlen weiter abnehmen und die Kirchen unter der Last des Unterhaltes ihrer Infrastruktur und ihrer Bürokratie handlungsunfähig werden. «Wir sind progressiv unterwegs und bleiben nicht am Rand der Tanzfläche sitzen, bis alle ihre Partner gefunden haben, sondern wir stehen jetzt auf und legen etwas aufs Parkett.»

Hanni Rüegg, die sich als Kirchenpflegepräsidentin von Zollikon seit längerer Zeit Gedanken über einen Zusammenschluss macht, hat in Malte Müller einen engagierten Mitstreiter gefunden. Für sie liegt der grosse Vorteil eines Zusammenschlusses nicht nur in den finanziellen Synergien. «Ich sehe darin auch eine grosse Chance, die kirchlichen Angebote der Gemeinden auf die unterschiedlichen Interessen der Kirchenmitglieder abzustimmen und besser zu strukturieren.» Etwa indem Zumikon den Schwerpunkt stärker auf das Thema Spiritualität legen könnte, Zollikerberg mit Pop-Gottesdiensten, dem erfolgreich gestarteten Café am Puls und neuen Formaten ein eher jüngeres Publikum ansprechen würde und in Zollikon eher das «klassische» Programm wie Feiertags­gottesdienste, Taufen, Hochzeiten und Abdankungen stattfände.

Lassen sich die Mitglieder der Kirchgemeinden von den Argumenten ihrer Präsidien überzeugen, dürfte einer vereinten Kirche Zollikon und Zumikon bald nichts mehr im Wege stehen.


Kirchenzusammenschluss

Mitte November 2020 haben die Kirchgemeindeversammlungen von Zollikon und Zumikon ihren Kirchenpflegen das Mandat erteilt, ein abstimmungsreifes Szenario für einen Zusammenschluss zu entwerfen. Dieses soll in Form einer Weisung am 28. November den Stimmberechtigten vorgelegt werden. Bei einem Ja würde der Zusammenschluss per 1. Januar 2023 in Kraft treten.

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