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Es blitzt aus dem Gebüsch

Von Franca Siegfried ‒ 5. Mai 2022

Blechpolizisten haben kein Herz und geliebt werden sie auch nicht. Trotzdem dienen sie der Verkehrssicherheit. Es gibt genügend Anwohner in Zollikon, die sich eine Kontrolle der Tempo­limiten wünschen und ihren Vorgarten zur Verfügung stellen.

Dieser Blechpolizist in Zollikon hat finanztechnisch einen guten Standort – er blitzt regelmässig. (Bild: fs)

Er lauert gut getarnt zwischen Buchshecke in einem Vorgarten und blitzt Autos in der 50er-Zone. Ein Blechpolizist kontrolliert an der Dufourstrasse! Das geht wie ein Aufschrei durch die Gemeinde. Viele bekommen beim Vorbeifahren ein flaues Gefühl im Magen und fragen sich, ob sie zu schnell unterwegs waren. Wer mag schon eine Busse bezahlen. Peter Zimmermann, Polizeichef der Gemeinde Zollikon, hat sich den «romantischen» Standort des Blechpolizisten nicht ausgesucht. Warum? Der Strassenabschnitt gehört zum «Hoheitsgebiet» des Kantons.

Geschwindigkeitsbeschränkungen im Strassenverkehr haben sich auch nicht Polizisten als Schikane ausgedacht. Alles dreht sich um Verkehrssicherheit: Je niedriger die Geschwindigkeit, desto kleiner das Unfallrisiko. Was sich so einfach erklären lässt, musste mit viel ­Physik bewiesen werden. Bewegungsenergie und Bremsweg, diese beiden Gesetze beeinflussen das Risiko und bestimmten massgeblich die gesetzlich vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit. «Tempo­limiten, die nie kontrolliert werden, machen jedoch kaum Sinn», sagt Peter Zimmermann. Er beobachtet das Problem in Gemeinden, die keine eigene Polizei haben, besonders seit die Tempo-30-Zone gilt. Von Zonen dieser Art erhofft man sich Verkehrsberuhigung in Wohngebieten. Mit 30 Stundenkilometern verkleinert sich die Wahrscheinlichkeit für einen Unfall mit tödlichen Folgen. Wie im Geschäftsbericht von Zollikon zu lesen ist, hat die Gemeindepolizei im Jahr 2021 sechs Mal auf Gemeindestrassen einen Blechpolizisten aufgestellt. Dieser wurde jeweils für rund eine Woche gemietet. Aktuell will Küsnacht einen eigenen Blechpolizisten kaufen und Zollikon wird ihn in Zukunft bei den Küsnachtern ausleihen. Die Polizei Zollikon besitzt jedoch ein mobiles Messgerät, das sie auch bei Nachfrage in der Nachbargemeinde einsetzt. Dieses handliche Gerät lässt sich draussen oder diskret im Auto platzieren. Die Polizei hat damit letztes Jahr nicht weniger als 58 Einsätze gemacht. Die Geschwindigkeit von rund 74’101 Autos wurde gemessen – nicht mal fünf Prozent waren zu schnell unterwegs. «Wer die Gemeindebusse nicht akzeptiert oder ordentlich bezahlt, der bekommt Post vom Statthalter», erklärt Peter Zimmermann. Zum Gerücht, dass die Polizei jährlich eine ihnen vorgegebene Summe an Bussen verteilen muss, betont er: «Ich habe noch nie einen Leistungsauftrag bekommen, der die Summe der Bussen beziffert. Wir haben jedoch im Interesse der Verkehrssicherheit den Auftrag, regelmässig Geschwindigkeitskontrollen durch­zuführen, jährlich sind dies rund 80 Messungen.» Im Durchschnitt dauert eine Kontrolle mit dem mobilen Gerät eine Stunde. Die eingenommenen Bussen landen in der Gemeindekasse und sind Teil der Jahresrechnung. Finanztechnisch ist es so, dass Zollikon, salopp gesagt, das Budget den Kontrollen anpasst und nicht umgekehrt. Doch es gibt Gemeinden, die einen fixen Betrag an Bussgeldern in ihr Jahresbudget einplanen: Steuerzahler mutieren mit der Praxis auch noch zu Verkehrssündern, damit die Kasse stimmt.

Lächelnder Speedy

Ob Blechpolizisten eine erzieherische oder präventive Wirkung auf das Gaspedal haben, kann Peter Zimmermann nicht bestätigen: «Ich finde unseren Speedy, der bei idealem Tempo grün aufleuchtet und lächelt, wirkungsvoller.» Was dem Chef der Gemeindepolizei jedoch auffällt, ist, wie viele Anfragen besorgter oder verärgerter Bewohner sie bekommen. Das subjektive Gefühl, die Strasse werde nur von Rasern befahren, lässt sich nur anhand von Messungen beweisen. Diese Evaluation macht auch der Kanton – zuerst mobile Testmessung, danach Blechpolizist. Es ist eine weitere Tatsache, dass genügend Anwohner an stark befahrenen Strassen bereit sind, das blitzende, graue Ungetüm in ihrem Vorgarten zu dulden. Wer denkt, dass der Standort vom Kanton oder Gemeinde grosszügig entschädigt wird, der täuscht sich. Es gilt Nulltarif für Blechpolizisten.

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Eine Antwort

  1. Frage mich, weshalb der „lächelnde Speedy“ im Dezember ein Monat vor dem Eingang des Schwimmbad Forbach stationiert war. Die Witellikerstrasse ist mit einem Fahrverbot ausgestattet. Wenn ich richtig gesehen habe, ist bei Einfahrt und Ausfahrt der Witellikerstrasse eine kleine Kamera installiert, wo fehlbare Fahrzeuge registriert werden. Der „lächelnde Speddy“ sollte präventive auch auf vielbefahrenen Strassen aufgestellt werden, statt dort nur Blechpolizisten hinzustellen um Bussen zu generieren.

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