Suche

Aus der Finanzbranche aufs Bänkli

Von Ramona Bussien ‒ 19. Mai 2022

Ein Bänkli. Zwei Personen. Im Hintergrund die Wiesen der Allmend. Spaziergänger geniessen die Sonne, Hunde tollen in der Ferne. Das Bänkli, das wir ausgewählt haben, könnte kaum besser liegen. Vor uns erstreckt sich der Zürichsee, dahinter erheben sich Uetliberg und Albis. Im Osten stumm das Zürcher Häusergemenge.

Gabor Gaspar will zuhören, nicht werten. (Bild: rb)
Gabor Gaspar will zuhören, nicht werten. (Bild: rb)

Normalerweise ist es Gabor Gaspar, der seinen Gast auf dessen Lieblingsbank besucht und in ein Gespräch verwickelt. Hier sass er schon mit Leuten wie Simon Gebs, Kurt Aeschbacher, Bruno Gehrig, Judith Wernli und Claudio Zuccolini, während sein Bruder die Kamera für den Bänkli-Talk Youtube-Kanal führt – laut Website (bänklitalk.ch) unter dem Motto Älterwerden und Finanzen. Menschen hätten viel zu erzählen. Er geht bewusst unvorbereitet in ein Gespräch. Ohne vorbereitete Fragen. Ohne bestimmte Zielsetzung. Die Gespräche fliessen. «Alle lassen sich darauf ein. Dieses Vertrauen überrascht mich immer wieder.»

Heute ist es aber andersrum. Der Befragte ist Gabor Gaspar selbst. Mit einem breiten Lächeln und spürbar entspannt stellt er sich der Herausforderung. Nur sein Bruder mit der Kamera fehlt; das Gespräch findet abseits von Youtube statt. Gabor Gaspar ist gelernter Landschaftsgärtner. Er kommt aus Neuhausen am Rheinfall. Nach seiner RS arbeitete er ein Jahr in Sidney als Landschaftsgärtner. Zurück in Neuhausen sah er sich einer sehr viel kleineren Welt gegenüber. Kein Vergleich zu den Weiten Australiens, zur Weltstadt Sidney. Schon immer war Gabor Gaspar zürichorientiert. Naheliegend, genau dort hinzuziehen. Beim Widmer Gartenbau in Zollikon fand er eine Anstellung als Landschaftsgärtner. Und zwischen 2003 und 2004 zog er nach Zollikon. War es das schon? Er liebte die Landschaftsgärtnerei, keine Frage. Doch noch etwas begeisterte ihn von klein auf: Finanzen.

Rein in die Finanzbranche

Gabor Gaspar erinnert sich, wie er als 15- oder 16-jähriger zum damaligen Bankverein ging und sagte: «Ich will einen Fonds.» Reichlich verdutzt sah man ihn an. «Woher weisst du denn, was ein Fonds ist?» Er hätte davon gelesen. Und so ­errichtete er seinen ersten Fonds und lernte zu sparen. Doch von der Schule hatte er vorerst genug.

Er begann eine Lehre als Landschaftsgärtner. «Ein wunderschöner Beruf.» Gabor Gaspar ist kein Theoretiker. Er packt die Dinge an. Während er bei Jürg Widmer arbeitete, drängten sich ihm Fragen auf. «Was willst du machen?» «Möchtest du selbstständig werden?» Er schätzte die Zusammenarbeit mit Jürg Widmer. Aber mehr und mehr merkte er, dass ihn das Thema ­Finanzen faszinierte. Also bildete er sich weiter. Seit 21 Jahren ist er nun Finanzplaner mit eidgenössischem Fachausweis. Unzählige Gespräche, zahllose Kundenbegleitungen, eine Vielzahl an Planungskonzepten später blickt er auf reiche Erfahrung zurück, die er mit seinen Kunden teilen möchte. «Ich weiss vieles», sagt er und schmunzelt, «aber nicht alles, und das ist okay».
«Ich will dem Kunden keine Produkte verkaufen. Entscheidend ist, für die aktuelle Lebenssituation das richtige Konzept zu finden, und das geht nur, wenn auf Honorar­basis beraten wird. Das Leben und unser Umfeld verändert sich und darum möchte ich meine Kunden langfristig begleiten.»

Die Leiden des Alters?

Irgendwann dachte sich Gabor Gaspar: Könnte das Thema Älterwerden nicht auch positiver vermittelt werden? «Mir tut alles weh.» Oder «Die Rente reicht nie und nimmer.» Wäre es nicht sinnvoll, über all diese Dinge reden zu können? Alt werden wir alle.

Ein Startup der NZZ fragte die ATG Allfinanz & Treuhand Group AG, bei der er Teilhaber ist, als Kooperationspartner an. Alle Finanz­themen sollten digital vermittelt werden. Dafür bräuchten sie ein Gesicht: «Gabor, du wärst ideal!» Bei Radio 1 hatte er eine Kolumne zum Thema Krankenkasse. Er schrieb Zeitungsartikel. Trat als ­Finanzierungsexperte in einer Live-Fernsehsendung auf. Er kann über vieles reden. Er redet gern und es macht ihm Spass, die trockene Materie zu vermitteln. Dieses Projekt gab ihm auch die Idee, etwas Eigenes zu kreieren.

Raus in die Natur

Gabor Gaspar meint, sein Zielpublikum, Menschen zwischen 45 und 50 aufwärts, schaue eher Youtube, als dass es Podcasts höre. Der Bruder brachte ihn auf die entscheidende Idee: «Mach es doch draussen auf einer Bank. Da sitzt Du mit dem Gast und führst ein Gespräch. Das Licht ist, wie es ist. Eine natürliche Situation.» Und damit sich der Gast auch wohlfühlt, soll er die Bank wählen. Seine Lieblingsbank. So war Gabor Gaspar schon in Solothurn und auf einer Alp in Obwalden. Ab und an muss er ein Stück wandern. Die Vor- und Nachbearbeitung mögen Arbeit sein, die Gespräche aber geniesst er. Die Bank mutiert zur Marke: Auf seinem Instagram-Account teilt er Bänkli-­Bilder. Er wurde schon mit «Bänkli-­Talker» angesprochen.

Die Person muss mindestens 45 Jahre alt sein. Die Jungen stehen genug im Rampenlicht. Sein ältester Gast war über 70. Er möchte mit Leuten reden, die etwas Interessantes oder Lehrreiches zu erzählen haben. Vielleicht über einen besonderen Beruf. Vielleicht über einen Schicksalsschlag. Geschichten aus dem Leben, die zeigen: Es geht weiter. Ob Erfolge oder Niederlagen, bekannte Persönlichkeiten oder ein Gesicht aus dem Dorf: Gabor Gaspar hört zu.

Das Ziel: etwas lernen

«Ich habe jedes Gespräch gehört!» Oder «Schönes Bänkli!» Von Jung bis Alt hat er sich eine Fangemeinde herbeigeredet. Seine Vernetzung hilft ihm, immer neue Gäste zu ­finden. «Nach jedem Gespräch bin ich euphorisch und möchte am liebsten noch eines machen.» Wichtig sind ihm Offenheit und Neutralität. Er will zuhören, nicht werten. «Es gibt genügend Leute, die glauben zu wissen, wie alle anderen zu denken haben. Mein Ziel ist es, etwas zu lernen. Vielleicht nimmt auch der eine oder andere Zuhörer etwas für sich mit. Damit bin ich schon glücklich.» Zuhören. Das ist das magische Wort, das Gabor Gaspar in die Gesellschaft tragen will. «Hört einander zu. Nehmt euch ernst und profitiert voneinander.»

Werbung

Verwandte Artikel

Newsletter

Abonnieren Sie unseren wöchentlichen Newsletter und lesen sie die neusten Artikel einen Tag vor der Print-Veröffentlichung.

ANMELDEN

Herzlich willkommen! Melden Sie sich mit Ihrem Konto an.