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Auf Augenhöhe

Von Franca Siegfried ‒ 9. Juni 2022

Der neue Spitaldirektor Christian Etter spricht über seine Aufgaben und seine Werthaltung. Und weshalb er manchmal in Weiss im Spital Zollikerberg unterwegs ist. Erholung findet er in der Natur, gerne auch mit Dusty, dem vierbeinigen Freund.

Christian Etter ist seit 1. April neuer Direktor des Spitals Zollikerberg, in dem sich 1100 Menschen um das Wohl der Patienten kümmern. (Bild: fs)

100 Tage ist die übliche Frist für die Einarbeitung einer neuen Regierung. Bei Christian Etter genügten 30 Tage. Seit 2016 war er Chef der Finanzen und stellvertretender Direktor des Spitals Zollikerberg. Als die Direktorin Orsola Vettori in Pension ging, ­sollte er am 1. April ihre Position übernehmen. «Die ersten vier Wochen im Amt waren intensiv mit den neuen repräsentativen Aufgaben», erklärt Christian Etter. «Ich war jeden Abend nudelfertig.» Im Büro scheint der Geist von Orsola Vettori noch etwas präsent zu sein. Das sei auch gut so, meint ihr Nach­folger. So hat sie ihm einen raumhohen Gummibaum überlassen. Die ­Wände sind makellos weiss, nüchtern – eine Art Denk- und Organisationsklause mit Stehpult und Besprechungstisch. Das einzige Bild steht wartend am Boden, ein Erinnerungsfoto von Christian ­Etters Reise nach Alaska mit dem höchsten Berg Nordamerikas, dem Denali. Im Sideboard gibt es noch viel freien Raum für Bücher, Ordner, auffallend ist jedoch ein Stapel scharfgebügelter, blütenweisser ­Hosen und Kittel. Gekleidet in Weiss ist der Direktor regelmässig im ­Spital unterwegs. Er schliesst sich Arztvisiten an oder geht mit dem Pflegepersonal durch die Abteilungen. «Ich helfe auch mal in den Ambulatorien oder versuche, wenigstens nicht im Weg zu stehen.» Über diese Besuche, Gespräche und seine Beobachtungen berichtet er gerne. «Ich muss spüren, wie Menschen funktionieren, nur auf Augenhöhe mit ihnen erfahre ich mehr über ihre Stärken wie Schwächen und sehe, wo Handlungsbedarf ist für unseren Betrieb.» Seine Besuche sind ein Führungsinstrument, das er sich nicht in einem Managerkurs angeeignet hat, sondern von den fünf Werten der Diakonie inspiriert ist. «Werte, die uns in der Arbeit ­leiten sollen: Wertschätzung, Partnerschaftlichkeit, Verbindlichkeit, Transparenz, das Ganze sehen», so steht es im Leitbild der Diakonie. Der 54-Jährige respektiert die Historie der Institution. Die Stiftung des Diakoniewerkes Neumünster prägt eine 150-jährige Frauengeschichte zur Professionalisierung der Krankenpflege und dem Ziel, allen ledigen Frauen eine berufliche, wie auch gesellschaftliche Perspektive zu geben.

«Man darf nicht vergessen, dass heute ein Spital eine Expertenorganisation ist, daher brauchen wir alle Perspektiven für einen professionellen und ausgewogenen Betrieb», erklärt er. «Alle unsere ­Kliniken werden durch eine Co-­Leitung geführt, einem Chefarzt und einer Pflegeleitung. Die Spitalleitung selber umfasst 18 Personen aus acht verschiedenen Professionen.» Christian Etter betont, dass alle Funktionen in seinem Betrieb gleichwertig sind. Das Wohl der Patientinnen und Patienten stehe im Zentrum. «Ich war hier selber mal fünf Tage Patient – eine gute Erfahrung.» Trotz der Karriere bis an die Spitze eines Spitals habe er nie seine Herkunft vergessen. «Ich bin in Gümligen, einem Vorort von Bern aufgewachsen. Mein Vater war Sanitärinstallateur.» Er selber lernte als kaufmännischer Angestellter und bildete sich weiter, übernahm mit der Zeit leitende Positionen im Finanz- und Rechnungswesen in verschiedenen Branchen. «Die Liebe zu meiner Frau Erika brachte mich von Bern nach Zürich.» Er bewarb sich um die Stelle des Finanzchefs der Schweizerischen Technischen Fachschule Winterthur STFW. Der Campus befindet sich am Ufer der Töss, nicht nur ein schöner Ort, sondern in zehn Autominuten ist das Dorf Pfungen erreichbar. Aus dieser Gemeinde stammt Christan Etters Frau. Dort haben sie zusammen ein Haus gebaut, sind mittlerweile 29 Jahre verheiratet und haben einen gemeinsamen Sohn. Oliver wollte schon als Bub unbedingt Eishockey spielen. Der Sport auf dem Eis ist nicht nur schnell, sondern auch aufwändig. «Die Fahrten zum Training und an die Turniere hat zum grossen Teil meine Frau übernommen», erzählt der Spitaldirektor. «Die sperrige Schutzausrüstung ­allein wiegt rund 20 Kilo.» Und so spielte der Sohn beim EHC Winterthur als Torhüter und mittlerweile beim EC Wil. Er ist 25 Jahre alt und studiert Sportmanagement an der Fachhochschule Graubünden. Der Vater findet die Kombination Sportmanagement und Betriebsökonomie eine gute Basis für die Zukunft. Er selber ist nie auf dem Eis gestanden. Sein Sport ist auf zwei Rädern mit dem Bike oder auf zwei Brettern mit Skifahren. Hauptsache in der Natur. Er liebt die Berge, auch den Lieblingssport des Schweizer Volkes – Wandern. «Mein Geist erfrischt sich nur schon, wenn ich hier die wenigen Schritte durch den Park gehe.» Zudem ist da noch Dusty, der Liebling der Familie. Ein Toller, so heisst die Rasse, der kleinste Hund der Retriever. «Ich war zuerst etwas skeptisch, habe jedoch realisiert, wie sehr sich meine Frau für einen Hund begeisterte. Jetzt ist der Rüde auch mein treuer Freund, der viel Bewegung braucht, das tut uns allen gut.»

Es ist die Zahl 11,7, welche den neuen Spitaldirektor besonders freut, beruhigt und auch sichtlich stolz macht. Die Marge von 11,7 Prozent Gewinn vor Abschreibung von Zinskosten im Verhältnis zum Umsatz, das ist Christian Etters Zauberzahl – eine betriebswirtschaftliche Kennzahl namens EBITDA «earnings before interest, taxes, deprecation and amortization». «Ein gesundes Spital muss mindestens zehn Prozent EBITDA-Marge vorweisen, das bedeutet, dass wir künftige Investitionen selber finanzieren können. Gesunde Finanzen sind für ein erfolgreiches Spital genauso überlebenswichtig wie die rund 1100 Menschen, die mit mir zusammenarbeiten.»

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