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Fohrbach im Abstimmungsnebel

Von Franca Siegfried ‒ 10. November 2022

Der Gemeinderat hat am 8. November die Sanierung Fohrbach vorgestellt. Die ­Diskussion war auf Finanzen getrimmt. Durch die fehlende fotorealistische Visualisierung waren kaum andere Fragen zu den beiden Projekten möglich.

Blick ins Grüne: Diese Terrasse soll mit dem neuen Restaurant (Projekt Optima) Gäste anlocken. (Bild: cef)

Zwei Wochen vor der Urnenabstimmung «Sanierung Schwimmbad Fohrbach» hat die Gemeinde zu einer Information eingeladen. 70 interessierte Zollikerinnen und Zolliker und wenige Gäste sassen am Dienstagabend im Gemeindesaal. Gemeinderat André Müller (FDP) führte durch die Veranstaltung, Gemeindepräsident (GLP) ­Sascha Ullmann liess sich entschuldigen. Worüber wird am 27. November abgestimmt? Über einen Kredit von 36,6 oder 44,7 Millionen Franken. Soviel kosten die beiden ausgearbeiteten Projekte. Die kostengünstigere Variante 1:1 umfasst eine Gesamtsanierung ohne Erweiterung und betriebliche Optimierung. Die Variante Optima für 44,7 Millionen plant ein neues Gastronomiegebäude mit betrieblichen Verbesserungen. André Müller skizzierte die Ausgangslage der 50-jährigen Anlage und erläuterte zwingende Gründe, die Anlage zu sanieren. Alle Informationen stammten aus der Vorstudie (2016–2018); 2020 dann bewilligte die Gemeindeversammlung den Projektierungskredit von 1,5 Millionen. Das Wahlverfahren für die Planung benötigte einen weiteren Kredit von 195 000 Franken, der vom Gemeinderat gesprochen wurde. Das siegreiche Planerteam ist die Arbeitsgemeinschaft GFA/BGS. Aus diesem Grund waren am Dienstag die Architektinnen ­Illinca Manaila und Sandra Hegnauer, wie auch Architekt Fritz Schiess vor Ort. Von der Gemeindeverwaltung sass Projektleiter Frank Neuhäuser auf der Bühne.

Keine glückliche Hand mit Gastrobetrieben

Architektin Illinca Manaila stellte die beiden Projekte vor. Ihre Ausführungen waren kaum nachvollziehbar anhand der projizierten Pläne. Eine einzige Visualisierung der Variante Optima wurde gezeigt. Aus dem Publikum kamen ungehaltene Rufe nach besseren Ansichten. Das Planerteam konzentrierte sich jedoch auf mündliche Beschreibung. Interessant wurde es bei der Fragerunde: Die grosse Unbekannte war das neue Restaurant auf dem Dach der Variante Optima. Platz für 100 Gäste im Innenbereich und 40 auf der Terrasse mit Blick ins Grüne – das Restaurant könnten auch externe Gäste besuchen. Ein Gastro­experte berechnete einen möglichen Jahresumsatz von 1,7 Millionen Franken. Nach Gemeinderat Müller müsste ein Pächter einen Zins von 170 000 Franken bezahlen. RGPK-Präsident Viktor Sauter (FDP) rechnete vor, dass sich mit diesem Jahresumsatz ein Tagesumsatz von 4858 Franken ergeben würde. Mit diesen Bedingungen sei es schwierig, einen Pächter zu finden. Er betonte, dass die Gemeinde keine glückliche Hand mit Gastrobetrieben habe. Als Beispiel nannte er das Angebot für externe Gäste im Wohn- und Pflegezentrum Blumenrain. Auch das defizitäre Fohrbach-Restaurant der 1980er-Jahre kam zur Sprache, das damals für eine Sauna weichen musste. Architektin Manaila meinte, das neue Restaurant sei nicht vergleichbar mit dem alten, da es anders positioniert werde. Ein Redner prognostizierte mit dem neuen Restaurant ein weiteres Defizit, wie das Seebad, das Dorfkafi usw. Gemeinderat Müller konterte, neben dem Pachtzins müssten Eintritte um zehn Prozent erhöht werden. Frank Neuhäuser ergänzte, dass auch ein Tarif für Kurzeintritte geplant sei. Eine Zollikerin wollte wissen, ob ­Behinderte das Restaurant auf dem Dach benützen könnten. Mit dem neuen Restaurant gebe es keine Sicht mehr auf das Schwimmbecken, bedauerte eine Mutter, wenn sie ihre Kinder vom Schwimmunterricht abholen würde. In der Eingangshalle soll es immer noch Sitzgelegenheiten geben mit Sicht auf die Schwimmhalle, jedoch ohne Gastronomie, diese werde von der Feuerpolizei nicht bewilligt. Eine Zollikerin stellte sich als Sprecherin für ihre beiden Kinder, die auch im Saal sassen, ans Mikrofon mit der Frage: Was ­geschieht mit dem Piratenschiff? André Müller beruhigte, sie hätten die kleinen Gäste nicht vergessen – das Piratenschiff sei in die Jahre gekommen. Eine Anwohnerin wollte wissen, was mit der Turnhalle geschieht. Frank Neuhäuser versicherte, dass es einen neuen Boden und neue Geräte geben werde.

Gemeinderat für Variante Optima

Nach einer Stunde war die Veranstaltung beendet mit Einladung zum Schlummertrunk. André Müller betonte, der Gemeinderat unterstütze die Variante Optima, da es um betriebliche Verbesserungen ginge. An eine Pinnwand hatte das Planerteam Pläne geheftet, daneben lagen Dossiers. Vor der Pinnwand entfachten sich weitere Diskussionen. Darf ich nicht in Badehosen ins Restaurant? Wird es vier Kategorien Gäste geben – Hallenbad, Freibad, Externe, Hündeler – Gemeinderat Müller sprach von einfallsreichen Pächtern, die Hundeboxen aufstellen würden für Gäste mit Hund. In einem waren sich alle einig, ­Befürworter, Skeptiker und Gegner: Im Zeitalter der 3D-Architektur­visualisierung sei eine fotorealis­tische Visualisierung wichtig zur Meinungsbildung für ein Projekt von 45 Millionen Franken.


Kommentar

Tatsache ist, dass es in der Schweiz zu wenig Hallenbäder gibt, damit alle Kinder schwimmen lernen. Nach Lehrplan 21 müssen die Gemeinden ihren Schülerinnen und Schülern einen qualitativen Schwimmunterricht in Hallenbädern anbieten. Glückliche Zolliker Kinder. Vor 50 Jahren hat sich Zollikon für das Schwimmbad Fohrbach entschieden. Ein Hallenbad gilt für Finanzpolitiker betriebswirtschaftlich als ein Fass ohne Boden. Mit Wellnessbereich, Rutschbahn und Gastronomie kann jedoch der Kostendeckungsgrad verbessert werden. Fohrbach ist auf gutem Weg. Ob die Anlage eine architektonische Perle ist, das ist unwichtig. Vor zehn Jahren hat Patrick Schoeck-Richard ein viel beachtetes Buch publiziert: «Die schönsten Bäder der Schweiz». Der Autor kennt Fohrbach aus seiner Kindheit. Er gehört zur Geschäftsleitung Schweizer Heimatschutz und betont, dass eine Sanierung wegen der Klimadebatte wichtig sei: «Es macht keinen Sinn, solche Anlagen abzureissen, da im Beton schon derart viel Kohlendioxid gespeichert ist.» Fohrbach-Chef Jürgen Richter sieht in der Sanierung eher betriebliche Aspekte: «Mit der Variante Optima können wir unseren ­Alltag besser organisieren – auch energietechnisch – und hätten mehr Spielraum für die Zukunft.» Solche und andere Überlegungen haben an der Information gefehlt.

Franca Siegfried

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