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Dem Unterbewusstsein eine Bühne geben

Von Birgit Müller-Schlieper ‒ 26. Januar 2023

In den hellen, freundlichen Räumen können die Patienten und Patientinnen von Gabriela Taugwalder auf ihre innere Reise gehen. (Bild: zvg)

Gabriela Taugwalder arbeitet als Hypnosetherapeutin und versteht sich als Katalysatorin für Veränderung und Weg­gefährtin ihrer Klientel hin zu einem glücklicheren Leben.

Wer kommt mit welchen Problemen zu Ihnen?

Alle Alterskategorien vom sechsjährigen Kindergärtner bis zum 86-jährigen Pfarrer. Ebenso breitgefächert sind die Themen im psychologischen, psychosomatischen und medizinischen Bereich. Zu mir kommen Menschen, die etwas in ihrem Leben verändern möchten, aber ­alleine mithilfe ihres Willens und Verstandes nicht weiterkommen. Ein Schwerpunkt liegt bei der Behandlung diverser Formen von Angst und Unruhe. Auch hadern viele meiner Klientinnen und Klienten mit ihrem geringen Selbstwert und haben Mühe, sich abzugrenzen. Weitere Felder sind die Unterstützung erkrankter Menschen, von Menschen in Veränderungsprozessen und von Sportlern. Auch Suchtverhalten, Schlaf- und Essstörungen, Allergien, Traumata, Zwänge, Depressionen, Sterbebegleitung sind Themen.

Wen behandeln Sie nicht?

Es braucht die Motivation, sich auf die Hypnosetherapie einzulassen, und es sollte möglich sein, eine Zeit lang den Fokus zu halten. Menschen mit Psychosen, Manien oder Borderline-Syndrom gehören in die Hände von Psychiatern. Bei schwerwiegenden Erkrankungen spreche ich mich mit den behandelnden Ärzten und Psychotherapeuten ab.

Kann ich mich als Klientin an ­alles erinnern, was während der Hypnose passiert?

Man bekommt in der Hypnose alles mit und befindet sich gleichwohl in einem veränderten Bewusstseinszustand, in dem ein weiteres ­Spektrum an Ressourcen genutzt werden kann. Viele erleben die Hypnose wie einen Traum, an den man sich bruchstückhaft erinnert. Es gibt aber auch eine aktivere Form der Hypnose, in welcher Übungen gemacht werden, die zum Teil auch zu Hause wiederholt werden sollen.

Im Unterbewussten ist aber oft auch Erlebtes abgespeichert, das im Dunklen bleiben soll, oder?

In der Regel ist das Problem, dass zu viel erinnert wird und nicht zu wenig. Die Hypnose ist auch kein Mittel, um auf verlässliche Art und Weise die Vergangenheit zu rekonstruieren. Wenn etwas ins Bewusstsein gespült wird, das unangenehm ist, wird es zum Wohl des Klienten genutzt, sodass sich sein Gefühl dazu wandeln kann.

In vielen Therapien ist zurzeit die Rede vom inneren Kind, das Frieden finden muss. Gehen Sie in ihren Sitzungen auch in die Kindheit zurück?

Für mich ist entscheidend, mit welchem Gefühl das Gegenüber die Gegenwart erlebt. Vielen inneren Kindern geht es bestens und müssen nicht «besucht werden». Es gibt jedoch Konstellationen, in welchen es heilsam sein kann, das Erleben des jüngeren Selbst in der Vergangenheit zu verändern. Diesem wird dann beispielsweise das erfahrenere erwachsene Selbst zur Seite gestellt, um ihm etwas zu erklären oder es in einer Situation der Vergangenheit zu stärken. Man choreografiert sozusagen die Vergangenheit neu, um sich in der Gegenwart besser zu fühlen. Wichtig ist, dass man von einem Ort der Geborgenheit und Sicherheit aus Abstecher in die Vergangenheit und Zukunft unternimmt und alternatives Verhalten und Fühlen erlebt und übt. Man begegnet einer Version von sich, die die Stolpersteine des ­Lebens besser meistert. Während der Trance taucht der Patient in eine Welt ein, die er mit allen Sinnen wahrnehmen kann.

Und die er ein bisschen mit nach Hause nehmen soll.

Genau. Die eigentliche Therapie passiert nach der Sitzung im Alltag.

Sie sprachen anfangs davon, häufig Klienten zu haben, die unter einem geringen Selbstwert leiden. Dabei wirken immer mehr ­Menschen stark, selbstbewusst und selbstbestimmt. Wie passt das ­zusammen?

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass viele Menschen sich selber gegenüber viel kritischer, unfreund­licher und unnachgiebiger sind als gegenüber Freunden. Das gegen aussen vermittelte selbstsichere Bild entspricht oftmals nicht dem inneren Zustand. Dies führt zu einem Leidensdruck bis hin zum sogenannten Imposter-Syndrom. Dabei ist der, meist erfolgreiche, Klient von Selbstzweifeln geplagt und erlebt sich als Hochstapler. Einer, der offenbar davon auch betroffen war, ist Albert Einstein. Am Ende seines ­Lebens soll er gesagt haben, dass er sich wie ein unfreiwilliger Schwindler vorgekommen sei.


Zur Person

Die ersten zwanzig Jahre verbrachte Gabriela Taugwalder im beschaulichen Aarau in einer spannenden Familie. «Ich hatte drei Geschwister, die alle wesentlich älter waren und mir unterschiedliche Lebensstile vorlebten.» Ihr Vater Hannes Taugwalder war Unternehmer, dann Schriftsteller. «Mit 20 zog es mich in die Ferne.» Sie studierte Jura in Neuchâtel und London, erwarb im Kanton Aargau das Anwaltspatent und wechselte beruflich nach Zürich. «Die Grossstadt mit den unbegrenzten Möglichkeiten, die Menschen mit ihren Aktentaschen, hatten mich tief beeindruckt», lacht die 57-Jährige im Rückblick. Bald spezialisierte sie sich auf Marken-, Heilmittel- und Werberecht, was damals noch eine Nische war. Später machte sie Karriere als Partnerin und Teilhaberin einer grösseren Wirtschaftskanzlei, dann in einer auf ihre Kernbereiche fokussierten Anwaltskanzlei.

«Den Freiheitsdrang und den Unternehmergeist habe ich wohl von meinem Vater geerbt.» Irgendwann sei die innere Stimme immer ­lauter geworden, auch andere Facetten ihrer Persönlichkeit zu leben. «Mich haben schon immer die Interaktionen mit Menschen und Tieren, ­Psychologie, Medizin, Philosophie und gelebte Spiritualität brennend interessiert.» Als der Sohn eines Freundes über extreme Prüfungsangst klagte, empfahl sie ihm Hypnose. Die wirkte bei dem Jungen sofort und Gabriela Taugwalder war fasziniert. Sie besuchte zunächst einen Vortrag, bildete sich dann berufsbegleitend zur Hypnosetherapeutin aus, absolvierte Weiterbildungen in der Schweiz und in England und eröffnete ihre erste Praxis in Zollikon, wo sie seit 22 Jahren ein Eigenheim besitzt. Mittlerweile praktiziert sie in Zürich-Riesbach und im Zürcher Oberland.

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